Wer erinnert sich noch an die Zeit, als das Telefonnetz in der BRD noch analog war,
und von der Post betrieben wurde?
Zu dieser Zeit war DFÜ ein schwieriges bzw. teueres Unterfangen.
An das Telefonnetz durften nur Geräte mit FTZ-Zulassung (später ZZF-Zulassung) angeschlossen werden. Diese Geräte waren extrem teuer.
1984 griff der Chaos Computer Club zur Selbsthilfe.
Es wurde ein Modem entwickelt, das für den geübten Bastler gut nachzubauen und für damalige Verhältnisse unschlagbar günstig war.
Das Modem konnte sowohl direkt an die Telefonleitung angeschlossen, als auch als Akkustikkoppler betrieben werden.
Das Modem mit den erforderlichen Schaltungen für beide Betriebsarten sowie den RS-232 Pegelwandlern wurde auf einer Europakarte untergebracht.
In der Datenschleuder, der Zeitschrift des CCC, wurde die Schaltung nebst Erläuterungen, Bauanleitung,
Platinenlayout und Datenblatt des verwendeten Modem-Chips veröffentlicht.
Den Namen 'Datenklo' erhielt das Modem von den Gummiverbindern, die für den Akkustikkoppler-Betrieb auf den Telefonhörer gesteckt wurden.
Die Verbinder stammten nämlich aus dem Sanitärbereich und waren für der Verbindung von Spülrohr und WC-Topf gedacht.
Auf die Telefonhörer der damaligen Post-Telefone passten sie allerdings auch perfekt.
Ich habe mir nun ein so Datenklo nachgebaut:
Dafür habe ich mich zum ersten mal - mit der freundlichen Unterstützung von for(;;) - an das Ätzen von Platinen gewagt.
Das hat übrigens erfreulich gut geklappt - danke, Nils!
Die Beschaffung der Bauteile war kein großes Problem.
Bis auf den verwendeten Modem-Chip und die Gummiverbinder für den Akkustikkoppler sind alle erforderlichen Teile noch neu im Handel erhältlich.
Der Modem-Chip ist bei ebay noch gut zu bekommen, da gibt es offenbar noch an vielen Stellen Restbestände.
Die Gummiverbinder hatte ich selbst noch im Lager - die lagen da schon, als ich 1985 meine Lehre anfing.
Bereits damals wurden sie bei uns nicht mehr verwendet, die Ausführung war zu der Zeit schon veraltet.
Das Datenklo benötigt vier Spannungen: +5V, -5V, +12V und -12V.
Das Netzteil dafür habe ich denkbar einfach aufgebaut.
Die Schaltung ist an den Vorschlag vom CCC angelehnt, konnte aber noch weiter vereinfacht werden:
+12V und -12V werden nur für die RS-232 Treiber verwendet.
Laut Datenblatt sind Spannungen im Bereich von +/- 7,5V - 15V empfohlen (+/-9V nominal).
In meiner Wühlkiste fand sich ein kleiner Trafo, der 2 x 9V~ im Leerlauf liefert - den habe ich vor vielen Jahren aus irgendeinem Kleingerät ausgeschlachtet.
Mit Gleichrichter und Elkos (2 x 1000µF) stellen sich Leerlaufspannungen von +/- 12,5V ein.
Also habe ich kurzentschlossen die +12V/-12V Versorgung an diese ungeregelten Spannungen angeschlossen.
Dazu noch einen 7805 und 7905 Regler und jeweils einen 100nF Kondensator an den Ausgang - fertig ist das einfachst-Netzteil.
Der 7805 hat noch einen kleinen Kühlkörper bekommen, der 7905 benötigt keinen - auf der -5V Leitung fließen nur wenige mA.
Im Betrieb stellen sich nun für die RS-232 Treiber Spannungen um +9V und -10,7V ein - alles im Rahmen.
Bisher habe ich nur im Loopback-Betrieb getestet, sowohl mit dem Akkustikkoppler, als auch mit der Schaltung für den Direktanschluß.
Mit Direktanschluß läuft alles prima ohne irgendwelche Übertragungsfehler.
Beim Akkustikkoppler sieht das schon etwas anders aus.
Im Loopback-Betrieb werden einfach beide Gummimuffen aufeinandergesetzt, um eine direkte Tonübertragung zu erreichen.
Sowohl Lautstärke als auch Mikrofonempfindlichkeit werden mit einem Poti eingestellt.
Das gestaltete sich im ersten Anlauf schwierig, es kamen zuerst nur falsche Zeichen.
Als ich dann in den Hohlraum, der sich zwischen den Gummimuscheln bildet,
ein Tuch gestopft habe, funktionierte das ganze mit 300 Baud erfreulich zuverlässig,
auch bei unterschiedlchen Einstellungen für Lautstärke und Mikrofonempfindlichkeit.
Bei 1200 Baud sah es dann schon wieder anders aus. Wieder nur falsche Zeichen.
Erst nachdem ich die Lautstärke deutlich erhöht und die Mikrofonempfindlichkeit auf einen passenden Wert einreguliert habe, kam eine fehlerfreie Übertragung zustande.
Bei 300 Baud ist der Akkustikkoppler offenbar praxistauglich, bei 1200 Baud ist für eine stabile Verbindung wohl der Direktanschluß erforderlich.
Ich habe das Platinenlayout leicht geändert, weil der Trafo (Telefon-Übertrager), den ich bekommen habe, andere Maße hat als der originale.
Außerdem habe ich einen unbenutzten Bereich der Platine mit einer Massefläche belegt.
Da die Angaben im Schaltplan und im Bestückungsplan teilweise sehr schlecht zu lesen waren, habe ich dort die handschriftlichen Beschriftungen ersetzt.
Die angehängte Datei enthält die Original-Bauanleitung, die von mir geänderten Dateien und das Datenblatt des verwendeten Modemchip.
Der Trafo, für den ich das Platinenlayout angepasst habe, ist bei Reichelt unter der Bestellnummer NFU 1-1 erhältlich.