Demoszene soll UNESCO Weltkulturerbe werden

  • Also die "strikte nichtkommerzielle Haltung" im dritten Abschnitt als Abgrenzungsmerkmal gegen die Spiele/Gamerkultur sollte man, gerade, wenn man sie als wichtigen Kernpunkt in die Diskussion einbringt, nochmal sehr diskursiv und elementar durchleutend einer näheren Betrachtung unterziehen ( ist wirklich wieder so ein typischer telepolis Stil ).


    Gerade im Demobereich gab es m.E. jede Menge Leute, die ihre Tricks und Kniffe auch gut und gerne verkauft haben. Gerade nämlich an den "Gamer-kulturellen" Bereich. Mal davon abgesehen lebte das Ganze von einem schwunghaften Handel, der beileibe kein Modus ala Open-Source-Software und GNU oder PublicDomain war. Da wurde ganz handfest allermindestens 1:1 getauscht und wer nichts zum Tauschen hatte oder das allerneueste haben wollte, der war auf den freundlichen Dealer von nebenan oder per Post angewiesen.

    -- 1982 gab es keinen Raspberry Pi , aber Pi und Raspberries

  • Wie g..l ist das denn!!!


    Meinst Du jetzt Endprodukte, die 1:1 getauscht wurden oder auch Know-How und Coding ? So krass empfand ich das damals gar nicht.

  • Also speziell beim 1:1 Tauschen meinte ich schon "Endprodukte". Wobei sich das nicht nur auf Demos, sondern v.a. auch auf die "nachgestellten" Spiele dazu bezieht. Das mag aber natürlich auf echten Parties anders gewesen sein, da hat man wohl eher gesamte Disketten und später Festplatten "getauscht".

    Die Demokultur ist ja - insbesondere am Anfang - ohne Raubkopien gar nicht denkbar. Also nix mit Selbstzweck und kultureller Wertschöpfung als Selbstzweck und um des sozialen Zusammenhalts willen. Das sind ja lange Zeit eher so eine Art "Markierungen" oder "Siegel" gewesen, die klar machen, wer das Game gecracked hat.

    OK - es hat dann eine gewisse Eigendynamik bekommen.


    Und dann kommt noch der Punkt mit dem Know-How - und das ist sehr oft - hab das als Info aber auch nur als "Lesender im Nachhinein" - auch untereinander teils direkt verkauft worden (manchmal steht das auch in den Begleittexten ein wenig verqast so drine, daß man sich bei Interesse melden möge) und wenns richtig gut war, dann auch als Effekt an Spielefirmen.


    Ich kenne das 1:1 System als etwas was wohl doch sehr etabliert war. Dabei war es eigentlich egal was für ein Programm das letztlich war - ob nun ein Spiel, ein "echtes Demo", eine kleine BasicRoutine von irgendjemandem oder eine Bilder- oder Musicshow. Evtl. war der "Modus" auf Hamburger Schulhöfen ja auch noch ein bißchen anders.

    Ich kann auch nicht sagen, wie das später, nach den frühen 90ern, weiterging, da ich dann recht zeitig übers Rechenzentrum Netzzugang hatte, und da gab es die interessanten Sachen per FTP.



    Beim Archimedes war immer das Interessante, daß man im Gegensatz zum Commodore eigentlich keine "echte Software" zum Tauschen bekam. Das war ein bißchen wie eine Art Ehrencodex, weil da eigentlich allen bewußt war, daß der Markt viel zu klein für solche Aktionen ist, weshalb man auch selbst dort tatsächlich dann Sachen mal gekauft hat, wenn es gar nicht mehr anders ging (Textverarbeitung z.B.). Dafür wurde dort bereitwillig Free- und Shareware und eben auch Demos weitergegeben, und zwar i.a. ohne solche seltsamen "tit-for-tat" Regelungen.


    Der Acorn Demo Server war übrigens immer der bei icebird.org und leider gibt es den anscheinend seit einiger Zeit nicht mehr, aber bei archive.org wird man noch fündig.

    Wenn so eine Initiative dazu führt, daß man solche Sachen besser und organisiert aufbewahrt, etwa in "digitalen Sammlungen", wäre das natürlich schon schön. Aber jetzt da "Kulturerbe der Menschheit" draufzuschreiben - na ja - ist evtl. doch etwas übertrieben. Da hätte man evtl. besser mal auf Damaskus und Co (Palmyra z.B.) aufpassen sollen.

    .

    -- 1982 gab es keinen Raspberry Pi , aber Pi und Raspberries

    Einmal editiert, zuletzt von ThoralfAsmussen ()

  • ich kenne das 1:1 System als etwas was wohl doch sehr etabliert war

    so ähnlich habe ich es auch erlebt. Allerdings war es nicht so explizit. Man tauschte was man gerade hatte. Wenn jemand mal nichts hatte, kein Problem hat er beim nächsten Mal was, die Kopie bekam er trotzdem.::heilig::.

    Die Demos waren doch zuallererst die Intros, also die "Duftmarke" der Cracker die die Spiele mal für lau und mal für cash in den Markt gebracht haben.

    Wieso da jetzt Kulturerbe draus werden soll:grübel:...

    Wobei ich nicht die Programmierleistung der Intros in Abrede stellen möchte. Das waren schon teilweise kleine Meisterwerke, wenn man bedenkt wie wenig Speicherplatz die haben durften.


    btw, ThoralfAsmussen danke für dern Link. Habe gerade den Sound sprichwörtlich auf den Ohren (und ein paar schöne Erinnerungen:sunny:)

    Viele Grüße,

    Knut

    :cat2:

  • Ich find es bemerkenswert und bin begeistert:


    Die Demoscene ist nationales Kulturerbe in Deutschland.


    In einigen Ländern wird an einer Anerkennung gearbeitet und irgendwann könnte eine Anerkennung als Weltkulturerbe folgen. Siehe hier


    Hunderte Stunden vor dem Computer in den 80ern waren .... Arbeit und Beschäftigung mit Weltkulturerbe :thumbup:

  • Hunderte Stunden vor dem Computer in den 80ern waren .... Arbeit und Beschäftigung mit Weltkulturerbe :thumbup:


    Das ist so NICHT korrekt.


    Es ist immaterielles Weltkulturerbe und der Schutzstatus bzeieht sich v.a. auf die ausgeübte und wiederholt ausgeübte Praxis des Demo-Schaffens und -Treffens. Schutzwürdig ist also nicht das fertige Demo oder eine tolle Technik dafür oder die Art der Effekte sondern allein, daß es sich um eine besondere Form des Treffens von Menschen zu einer besonders eigenartigen Form der Tätigkeit ist.


    Es steht damit in einer Reihe mit den Feuerrädern zu Frühjahrsbeginn und dem Alphornblasen ...


    Weltkulturerbe in dem Sinne war also wenn überhaupt das Treffen, die Challenge als solche - und auch heute würde eine Veranstaltung in erster Linie aus diesem kulturellen Grund - und nicht wegen der Demos selbst - unter so einem Label stattinden. Zudem ist eine Voraussetzung wohl auch, daß das Weiterbeibehalten des Schutzstatus auch eine aktive Fortführung der "Tradition" ist.


    Also mal anders: auch jemand, der da nur als Gast ein Bier getrunken hat und die Democompetition angeschaut, hat hochaktiv am Weltkulturerbe teilgenommen.

    -- 1982 gab es keinen Raspberry Pi , aber Pi und Raspberries

  • Hallo Thoralf,


    die Demoszene gehört in die immaterielle Kulturerbekategorien „darstellende Künste“ und meines Erachtens ins Brauchtum „Hacker Community“. Mit Hacker meine ich Leute, die ihren Computer wirklich von Grund auf verstehen wollen.


    Das Demo zu erstellen, es zu verbreiten und es zu genießen gehören alle zusammen zur Community wobei die Elite sicher unter den Erstellern zu finden ist.


    Ich war aktiv bevor die reinen Demoparties losgingen und sehe diese nicht als Startpunkt der Demoszene, sondern eher als deren Fortentwicklung. Ich war bisher auf keiner, was sich nach Corona aber sicher ändern wird.


    Das ist also meine eingeschränkte Sicht der Dinge!😀


    Wie wäre es, die Diskussion live und in Farbe bei einem VzEkC Vereinstreffen fortzuführen?