HP42S Programm: Verdampfungstemperatur von Kältemitteln

  • Draußen ist es ja z.Zt. so heiß, deswegen zur Abkühlung etwas Kältetechnik in Form eines Programms, dass ich vor einigen Jahren für den HP42S geschrieben habe - es läuft selbstverständelich auch auf dem DM42.

    Es berechnet für 4 verschiedene industrielle Kältemittel aus dem Absolutdruck die sich ergebende Temperatur.


    Hintergrund:

    Industrielle Kältemittel werden in Kompressions-Kältemaschinen verwendet.

    Je nach Druck vom Kältemittel entspricht dies einer Temperatur.

    Dieser Zusammenhang ist Stoff abhängig aber weder linear und geschweige denn gibt es eine universelle Formel mittels deren man die Umrechnung vornehmen kann.

    Historisch wurde dies über Tabellen gelöst.

    Der Hersteller ermittelt die Werte experimentell und gibt sie in einer Tabelle an.

    Auch gibt es Kältemittelschieber (ähnlich Rechenschieber mit Läufer aber ohne Zunge) auf denen die Wertepaare angegeben sind. Heute wurden letztere natürlich durch Apps ersetzt.

    Von Hersteller zu Hersteller gibt es hierbei naturgemäß geringe Abweichungen selbst beim gleichen Kältemittel.


    Weil es keine allgemeingültige Formel zur Umrechnung gibt, verwendet das Programm eine Annäherung mittels einer Exponential-Reihe.

    Deren Koeefizienten individuell für die jeweiligen Kältemittel einer 2X12 Matrix entnommen werden. Die Annäherung funktioniert allerdings nur im Bereich in dem die Kälteanlagen üblicherweise betrieben werden, etwas weiter weg wird es schnell sehr ungenau.


    Die 4 unterstützten Kältemittel sind:

    - R404A (für neu Anlagen nicht mehr zugelassen, dennoch weit verbreitet - nicht zu verwechseln mit R404)

    - R744 (CO2)

    - R717 (NH3 bzw. Ammoniak)

    - R410A


    Das Programm verfügt über 4 verschiedene Einsprung-Label entsprechend dem gewünschten Kältemittel z.B.

    LBL "R404A"

    Da die Näherung seine Grenzen hat, wird ab dem Einsprunglabel überprüft, ob sich der Eingangswert für den Druck in einem sinnvollen Bereich befindet. Liegt der ausserhalb, gibt das Programm je nachdem

    "Pressure too high!" oder "Pressure too low!" aus - hierzu ist das Unterprogramm "LBL 01" zuständig. Die Max.-Werte speziell für R717 und R744 sind allerdings etwas zu hoch gegriffen.

    Anschließend wird dann die jeweilige Koeffizienten-Matrix in die interne Matrix "Mcal" kopiert, mit der das Programm dann rechnet. Die eigentliche Berechnung findet in einer Schleife ab LBL 12 statt.


    Hinweis zur Programmeingabe:

    Es empfiehlt sich zuerst die 4 Matrizen einzutippen und unter dem vom Programm vorgegebenen Namen zu speichern, ohne die funktioniert das Programm nicht. Hat man die erste Matrix eingegeben, kopiert man sie am besten und bearbeitet die Kopie, weil eine Spalte bei allen gleich ist. Die Einsprunglabel für die 4 Kältemittel legt man sich am besten mittels der Assign-Funktion auf entsprechend beschriftete Buttons ins Custom-Menü.


    Hinweis zur Programmbedienung:

    Den Druck eingeben (x-Register) und auf den entsprechenden Button im Custom-Menü drücken - fertig.

    Man erhält (im x-Register) die dem Druck entsprechende Temperatur.

    Einheiten sind Druck in bar und Temperatur in °C.

    Beim Druck ist es wichtig, dass dieser als Absolutdruck *) angegeben ist.

    Der Stack wird weder gesichert noch aufgeräumt - geschenkt.


    Hier das Programmlisting:

    Hier die 4 Matrizen:





    Beispiele zur Kontrolle - die Stellenanzahl ist in der Praxis ein Witz, zeigt aber die Unterschiede zw. HP42S u. DM42:

    2 bar ergeben bei R717 -18.909824 °C mit dem HP42S (mit dem DM42: -18.908342°C)


    20 bar ergeben bei R744 -21.565188°C m. HP42S (DM42: -19.309178 °C)


    3 bar ergeben bei R404A -20.164346 °C m. HP42S (DM42: -20.166146°C)


    5 bar ergeben bei R410A -13.922112 °C m. HP42S (DM42: -13.852715°C)


    Ein paar weitere Anmerkungen:

    Die Näherungsfunktion mit der Exponentialreihe stammt nicht von mir, ich habe sie einem SPS Programm entnommen und auf den HP42 portiert. Ist ja auch kein Geheimnis, daher erlaube ich mir das hier Preis zugeben.

    Bei den Matrizen ist jeweils eine Spalte identisch. Das kam daher, dass ich das Programm zunächst nur für ein Kältemittel geschrieben habe.

    Bei der anschließenden Erweiterung habe ich es quasi mitgeschleppt - andererseits könnte man so die Werte auch anders gestalten.


    *) Die Angabe in Absolutdruck ist wichtig. Hier herrscht eine gewisse Verwirrung, weil es Anlagenbauer gibt, bei denen die Messgeräte Relativdruck und bei anderen Lieferanten Absolutdruck anzeigen. Die Doku ist aber u.U. genau andersrum etc.. Um die Verwirrung perfekt zu machen, reden manche auch von Überdruck. Ggf. muss man 1 bar vor der Rechnung dazu zählen.


    Wer eine brauchbare App fürs Handy probieren möchte nimmt am besten die kostenlose App "Ref Tools" von Danfoss:

    https://play.google.com/store/…com.danfoss.koolapp&hl=en

  • Tolles Anwendungsbeispiel! :thumbup:


    Und dazu eine Portierung eines SPS-Programms. Für mich ein Novum.


    Bei dieser Aufgabe kann der HP42s dank 8 kB Speicher seine Stärke ausspielen. Aber auch der Anwenderdialog per Menu überzeugt.


    Das Programm selbst ist nicht einmal so groß, aber die Korrelationskoeffizienten verbrauchen doch eine Menge Datenregister, mindestens 60 für die vier Kältemittel. Wer das Programm auf andere programmierbare TR portieren möchte, braucht ein Gerät mit ausreichend Speicher.


    Danke für's Teilen!

    : RPN ."Register-Postfix-Notation" ;

  • Man könnte die Koeeffizienten-Matrizen auf 1X12 reduzieren und dafür noch eine zusätzliche für die Faktoren mit 1x12 einführen die dann für alle gültig wäre, weil die eine Spalte jeweils die gleiche ist. So könnte man noch 3*12 Werte sparen (bei 4 Kältemitteln). Aber wie bereits gesagt, ursprünglich hatte ich das Programm nur für ein Kältemittel gemacht. Hatte auch noch überlegt ob bzw. wie man eventuell die Faktoren in der 2. Spalte (0.1; 0.125; ... 4;5;6) eventuell aus der Programmschleife heraus bestimmen könnte, sodass man nur 1x12Matrizen brauchen würde.


    Ein bisschen was zur Prozesstechnik:

    Eventuell fragt sich einer warum man die Temperatur nicht einfach mit einem Thermometer misst.

    Zum einen wird das auch manchmal (aber eher selten) gemacht, die eigentliche interessante Temperatur entsteht erst nach mehreren Wärmetauschern typischerweise in einem Glykolkreislauf (friert nicht ein), wo es dann zu den Kälteabnehmern geht.

    Auch lässt sich das nicht so einfach von außen messen, da die Leitungen und Behälter hinter einer ziemlich dicken Isolierschicht sind.

    Und wozu auch - wenn man schon eine Druckmessung hat und daraus die Temperatur rechnerisch ableiten kann? Um die Druckmessung kommt man aus mehreren Gründen nicht herum, die wird zur Steuerung der Kompressoren und auch für Sicherheitsfeatures gebraucht.


    Anbei ein paar Bilder (aus meiner berufl. Praxis) wo solche Umrechnungen in der Praxis verwendet werden:


    NH3 Abscheider (hier verdampft das NH3), darunter Wärmetauscher NH3 -> Glykol, im Hintergrund ein Glykolpuffertank.


    NH3 Kompressoren (hier mit Kolben, große Anlagen haben Schrauben-Kompressoren)


    Kleiner Kälte-Kompressor zur Verflüssigung von CO2 in einer CO2-Rückgewinnungsanlage - witzigerweise wird hier auch CO2 als Kältemittel verwendet.

    • Offizieller Beitrag

    Wären doch bloß alle Technik-Räume so gepflegt und geräumig.

    Manchmal ist es ein Graus, unter welchen Bedingungen man Arbeiten muß.


    PS: Wie unterschiedlich doch die Einschätzung sein kann, wann eine Anlage groß oder klein ist. :)

    +++ ATH