CBM 6400 - die 14-Kilogramm-Gänseblume

  • Nachdem ich für meinen 8032-SK bereits einen 4023 wieder flott gemacht hatte, kam schnell der Wunsch in mir hoch, auch noch einen Typenraddrucker danebenzustellen. Ein paar verpasste Ebay-Angebote später schlug ich dann bei einem leicht verbastelten 6400 zu, den ich via Preisvorschlag zu einem halbwegs akzeptablen Preis bekam.


    Ein paar Tage später stand das Paket dann vor mir – erster Eindruck „der ist riesig“. Zweiter Eindruck „der ist schwer“ – 420mm Papierbreite und ein Chassis aus Druckguss-Alu zeigen, der war mal nicht für Otto Normalverbraucher gedacht.


    Laut Ebay-Listing hatte der Vorbesitzer versucht, den Drucker von IEEE-488 auf parallele Schnittstelle zurückzurüsten. Eine Diskussion, wie Commodore damals diese Schnittstelle nachrüstete gab es ja bereits vor einigen Jahren im Thread von @Toschi.


    Der Drucker selbst besitzt eine parallele Schnittstelle als Pfostenstecker auf seiner IO-Karte, die via eines 34poligen Flachbandkabels als Centronics-Buchse nach außen geführt wurde. Commodore nutze eine separate Wandlerkarte, welche in einen der freien Kartenschächte neben den drei Original-Karten (CPU, I/O, DV) gesteckt und mit dem Pfostenstecker der IO-Karte verbunden wurde. Diese Karte selbst stellt dann die entsprechende Verbindung zu einem Micro Ribbon Connector zur Verfügung.


         


    Zum Rückrüsten hätte es also genügt, ein entsprechendes Kabel mit Pfostenstecker und Centronics-Buchse zu crimpen. Stattdessen hatte der Vorbesitzer das interne Verbindungskabel von der IO-Karte zur IEEE-Wandlerkarte aus dem dreireihigen Schneidklemmsockel der IEEE-Karte gezogen, das Flachbandkabel in Einzeladern getrennt und eine 25polige D-Sub-Buchse angelötet, bzw. gebraten. Garniert war das mit einem halben Kilo Heißkleber. Davon habe ich leider kein Bild gemacht, da der erste Versuch, den Kleber mit etwas Isopropanol zu lösen erstaunlich gut lief.


    Mein Problem bestand nur, das originale Verbindungskabel zwischen der IO-Karte und der IEEE-Wandlerkarte wieder auf den dreireihigen Schneidklemmsockel aufzulegen. Im Original hat dieses Kabel aller paar Zentimeter getrennte Adern, um etwas flexibler zu sein. Der Vorbesitzer hatte leider das Kabelende bis zu einem der nächsten dieser Stellen in Einzeladern zerlegt.


    Mit zwei gedruckten Kabelkämmen konnte ich die Adern wieder parallel anordnen, so dass das Auflegen auf die entsprechende Schneidklemmterminals nach dem zehnten Anlauf recht gut gelang. Ein weiterer gedruckter Adapter diente auf der Unterseite der Platine dazu, die diagonal laufenden Lötstellen zu schützen, da das ganze Konstrukt in den Schraubstock eingespannt werden musste, um die 34 Terminals sauber zu verpressen. Hier mal nachgestellt, da leider auch keine Bilder der Originalaktion:



    Kurz durchgemessen, keine Kurzschlüsse und alle Adern waren durchgängig.


    Jetzt fehlten nur noch ein Typenrad und ein Farbband. Nach kurzer Recherche fand ich einige Angebote passender Typenräder auf Ebay. Generell ist der Drucker Qume und Diablo kompatibel. Bilder eines original verpackten Geräts zeigen das Typenrad 38100-02 Diablo COURIER 10, und in Toschis Thread sah ich ein 82089 WP Qume LETTER GOTHIC 12


    Auf Ebay kaufte ich folgende Räder M4031 Deutschland Delegate 10, 38100-02 Diablo Courier 10 und P 12085 Deutschland Courier 10 für jeweils 1 Euro 50 und ein M9051 Qume DEUTSCHLAND ITALIC 10 für 3 Euro 50. Für den ersten Test entschied ich mich für das 38100-02. Als Farbband stellten sich Multicarbon Gr. 205M BLACK Schwarz für DIABLO Hytype II als passend heraus.


      


    Das von unten in das Aluchassis eingehangene Netzteil liefert +5, +15 und -15Volt, was ich vor einer ersten Inbetriebnahme (noch ohne Wandlerkarte) überprüft hatte. Der in der Kaltgerätebuchse verbaute Netzfilter hielt und die Spannungen waren im Leerlauf stabil. Hier mal der Blick auf das Netzteil bei ausgebauten Steckkarten (und der entsprechenden Verbinderplatine)



    Nach dem ersten Einschalten zucke der Druckkopf nur ein wenig nach rechts – es stellte sich heraus, dass der Drucker ohne das Signal des Cover-Open-Schutzschalters wirklich nicht will. Kurz gebrückt und schon ratterte der Printer nach dem Einschalten mit gedrückter LF-Taste in den Selbsttest.


    Line Feeds wollte der Drucker aber nicht so richtig, hier zuckte der Platen nur kurz an und sprang wieder zurück und ich befürchtete schon, dass das einzige Plaste-Zahnrad ein paar Zähne verloren hatte. Stellte sich aber heraus, dass nur ein wenig Schmierung auf den Lagern des Platen fehlte. Etwas Molykote EM 30 L später lief auch der Platen butterweich.


    Das gab mir Zuversicht, auch die reparierte Schnittstellenkarte zu testen. Und siehe da, der Drucker kommuniziert einwandfrei mit meinem PET.


    Alles in allen war also nur das Kabel neu zu crimpen und etwas Schmierung notwendig, um dieses Ungetüm aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Um einigen von euch dennoch den kalten Schweiß auf die Stirn zu jagen habe ich das getan, was ich immer mache und dem Drucker noch eine Runde neue Kondensatoren spendiert. Ja Auch dem Netzteil, und hier waren die Sekundärkondis schon nicht mehr ganz bei der Sache.


    Die Marcons des Netzteils mussten Epcos und Panasonics der FK- und FR-Reihe weichen, die axialen Kondensatoren der Steckkarten (fast alle CE 02W) wurden mit nicht-ganz-so-Highend Cosonic 105-Grad-Typen ersetzt.


    Hier das DV-Board von der Rückseite. Die Elkos haben es mollig warm. Rechts das CPU Board vor der Kondensatorkur.

      

  • Typenrad ... :love:




    Ich finde das Schriftbild nach wie vor wunderschön und einzigartig.

    Und zugleich individuell, jeder Typenrad hat schon seinen persönlichen Fingerabdruck.

    Trotz moderner Laserdrucker bin ich vom Typenrad angetan.

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde das Schriftbild nach wie vor wunderschön und einzigartig.

    Und zugleich individuell, jeder Typenrad hat schon seinen persönlichen Fingerabdruck.

    Trotz moderner Laserdrucker bin ich vom Typenrad angetan.

    Ja, besonders wenn man mit Carbon-Band druckt.

    Meine Frau hat ihre Diplomarbeit auf meinem CBM8296D geschrieben und auf einem CBM 8028 Typendarddrucker gedruckt. Eine Monstermaschine von Robotron mit einer hohen Geschwindigkeit. Der Drucker hatte aber keine Anschlagsteuerung für unterschiedliche Zeichen auf dem Typenrad. Zeichen mit einer kleinen Auflagefläche wie z.B. der Dezimalpunkt wurde durch's Papier gehauen und waren nach ca. 100 Seiten Text platt.

    • Offizieller Beitrag

    Typenraddrucker sind cool. Es gab für die Lisa mal ein Programm, womit Grafiken gedruckt werden konnten.


    Das funtionierte, indem mit dem Satzzeichen „Punkt“ jeder Pixel gedruckt wurde. Machte Krach ohne Ende und dauerte ewig.


    Als das Tortendiagramm fertig gedruckt war und dann aus dem Blatt rausfiel, weil es regelrecht ausgestanzt war, war die Reaktion eine Mischung aus :fp: und =O

    Aber hauptsächlich :heul:

  • Ich versuche eigentlich immer schon die ursprüngliche Serie zu identifizieren und die Eigenschaften zu recherchieren. Das ist nicht immer direkt im Datenblatt möglich, einige Hersteller haben aber auch gute Upgrade und Ersatz--Infos, und dann kann man ja immer noch mal schauen, ob jemand im BadCaps Forum was dazu geschrieben hat.


    Bei den Axialen war's leicht, da gibt es eigentlich nur noch Vishay 85° und Cosonic 105° zu kaufen. Die Originalserien waren auch eher General Purpose, und man sieht ja auch ungefähr, welche Rolle die spielen. Beim CPU Board hängen (fast) alle direkt bei den Chips zwischen der Versorgungsspannung und Ground, parallel zu einigen Keramischen. "Riecht" also stark nach decoupling caps > genreal purpose reicht. I. d. R. nehme ich dann dafür longlife Serien, wenn verfügbar (wie AT1H, ATLL bei den Würth radialen). Hier dann entsprechend die Cosonic. Im PET und der 3040 hab ich aber habe ich bei den Axialen lieber zu Vishay gegriffen.


    In Schaltnetzteilen heisst es dann stärker hinschauen. Und versuchen, die ESR und zulässige Ripplestöme zu unter/überbieten, und nur für die Verwendung in Schaltnetzteilen empfohlene Serien zu nutzen. Das geht auch nicht immer absolut tausendprozentig genau, gerade wenn die angaben bei unterschiedlichen Frequenzen gemacht wurden.


    Generell lege ich mir immer eine Excel-Tabelle an, in der ich, geordnet nach Platine und Nummerierung, alle Kondensatoren erfasse. Immer mit Kapazität, Spannung, Rastermaß, Durchmesser, Höhe, Serie. Die kann man daneben dann gut umsortieren und zusammenfassen, so dass man schnell eine Liste "10x 1uf 50V 5mmRM " etc zusammenbekommt.

  • Noch ein Wort zum Platen. Neben den mit jeweils stirnseitig mit einer Maschinenschraube gesicherten Handgriffen und den beiden auf der Platen-Achse mittels Dorn gesicherten Zahnräder (den Dorn kann man mit einem dünnen Durchschlag leicht entfernen und auch wieder einsetzen) sollten alle Elemente auf der Platen-Achse, zwischen Handgriff und dem Platen selbst, leicht drehbar sein! Der Platen ist NICHT designed, um direkt in den Blech-Halterungen, welche ihn am Chassis fixieren, zu rotieren. Diese Halterungen klemmen die eigentlichen Lagerhülsen, in denen sich dann die Achse des Platens frei bewegen können sollte. In meinem Drucker waren diese Lager auf einer Seite durch verharztes ÖL komplett fest. Und zwar richtig fest. Also immer mal kontrollieren, ob die Lagerelemente noch frei laufen. Und ggf. ölen, wie im Handbuch beschrieben.