VC1541 ... ich trau mich ran !

  • Bei diesem Thema soll es Rund um das 5 1/4 Zoll Diskettenlaufwerk von Commodore gehen, dem VC1541 aus dem Baujahr 1982.

    Viele von uns hatten oder haben so eines, mittlerweile feiert es schon seine 40 Jahre und da muss man es der Hardware verzeihen wenn sie villeicht nicht mehr so richtigmitspielen will.

    Je nach Lagerung und EInsatz hat die Floppy schon so einiges mitmachen müssen.

    Ein nicht zu unterschäzender Einfluss auf die Lebensdauer der Elektronik, hat immer noch die Temperatur und die ist bei eingebatuen Netzteilen immer so ein Knackpunkt.


    Im Gehäuse unserer 1541 findet sich nicht nur das Laufwerk das mit der Zeit verschmutzen und den Zugriff auf die Diskette verhindern kann, auch die ganze Elektronik um das Laufwerk zu steuern und das Versorgungs-Netzteil sind mit verbaut.

    Das hat zwar den Vorteil alles schön aufgeräumt mit wenig Kabelsalat am Tisch stehen zu haben, aber die Wärmeabgabe vom internen Netzteil lässt die Bauteile im Inneren schon ins schwitzen kommen und kann mit Schuld am Bauteile Tod sein.


    Natürlich wirft man so ein Gerät nicht gleich auf den Müll, nur weil es nicht mehr funktioniert !


    Das man das Laufwerk nicht mehr an Commodore schicken kann, ist klar, es gibt aber immer noch die Möglichkeit jemanden zu finden der sich mit Elektronik aus dieser Zeit auskennt und Helfen kann.

    Was aber wenn man so jemanden nicht kennt und man nicht gerade 2 linke Hände sein Eigen nennt, vielleicht sogar selber gerne bastelt und schon Erfahrung mit einem Multimeter, Lötkolben und Elektronik hat.


    Ich würde sagen - Trau Dich ran, mit Respekt und Vorsicht ! - Man kann an den Geräten aus dieser Zeit noch gut sehr viel reparieren und die Chancen stehen gut das Nachher mehr funktioniert als vorher ;)


    Bevor es losgeht, möchte ich noch vor der lebensgefährlichen Netzspannung Warnen !

    Bitte immer den Netzstecker ziehen, bevor ein Gehäuse geöffnet wird. Das Gerät nicht in Betrieb nehemen wenn die Teile offen vor einem liegen.

    Nur darin Ausgebildete Personen die den Umgang mit aktiver Netzspannung bei der Reparatur an offenen Geräten beherrschen, dürfen dies auch tun !

    Auch für eventuelle Schäden bin ich nicht verantwortlich, möchte hier nurmeine Infos die mir bekannt sind berichten.


    Teil 1 - Öffnen und Zerlegen (zum Reinigen oder Reparieren)


    Na dann fang ich mal an, so sieht das Teil von vorme aus:




    Nachdem ich alle Kabel am Gerät abgezogen habe, leg ich es auf den Rücken um an die 4 Gehäuseschrauben mit ranzukommen.



    Nachdem die Schrauben entfernt wurden, drehe ich das ganze Gerät wieder um und stelle es normal auf die Arbeitsplatte.

    Bevor ich nun die obere Gehäuseschale abnehme, entlade ich mich noch kurz an einem metallischen Gegenstand, der gut geerdet ist.

    Ich hab da früher auch nicht recht drüber nachgedacht, aber es sind schon viele elektronische Geräte an elektrostatischer Entladung gestorben und eine gut gemeinte Reparatur wir dann zum Rätselraten.

    Das hängt stark von der Kleidung dem Schuhwerk und dem Bodenbela ab, ob man sich da selber statisch auflädt.

    Ich fass da meistens kurz an den Schutzleiterkontakt an die Steckdose und wenn es dann einen kleinen Funken gibt, war das die Bestätigung.


    Wenn jemand öfter an empfindlichen Bauteilen ranlangt, weil er gerne repariert und restauriert, dann wäre so ein antistatisches Armband mit eventuellem Erdungsanschlusset zu empfehlen.


    Ich hab mir vor einiger Zeit so ein ESD Set zugelegt, bekommt man mittlerweile halbwegs günstig:




    Ein Armband, das wird an dem gelben Stecker angeschlossen, dort gibt es auch noch die Möglichkeit eine ESD Matte anzuschliesen



    Der Stecker kommt in die Steckdose, die natürlich einen Erde Anschluss aufweisen muss und keine Angst, die Stifte am Stecker für Phase und Neutralleiter sind nur aus Kunststoff, es geht hier nur um den Abgriff ans Erdpotential.




    Weiter gehts, ich bin also nun entladen oder geerdet und hebe vorsichtig den Deckel ab und lege ihn zur Seite.

    Zum Vorschein kommt der offene Patient:



    Ich brauche keine Angst zu haben irgendwo eine Gewischt zu bekommen, sofern alle Kabel abgesteckt sind, aber das habe ich ja schon vor dem Öfnnen gemacht.


    Bevor ich nun die untere Gehäuseschale abnehme, müssen einige Stecker abgezogen werden und da rate ich lieber die Stecker mit einem Stift so zu markieren, das man nachher nicht unabsichtlich was verkehrt rum oder falsch einsteckt.

    Einfach eine Linie vom Sockel über den Stecker Zeichnen, oder man macht scharfe Bilder wo man genau erkennen kann welcher Stecker wo und wie vorher aufgesteckt war...



    Also alle 5 Stecker abziehen und dann kann es weitergehen, 6 Kreuzschrauben halten das Laufwerk in der unteren Gehäuseschale:




    Jetzt nehme ich das Laufwerk vorsichtig aus dem Gehäuse heraus und lege die untere Schale beiseite.


    von oben:


    und von unten:


    In der Zwischenzeit können beide Gehäuseschalen von Schmutz befreit werden und eventuell mit Spülmittel und Wasser gereinigt werden.

    Vorher aber noch bitte die LED samt Anschlusskabel aus der unteren Gehäuseschale entfernen.


    Hiermit ist Teil 1 beendet, Fortsetzung folgt...

  • Für den heutigen Bericht hab ich mir extra eine Wärmebildkamera ausgeliehen.


    Teil 2 - Eine andere Sichtweise (es wird etwas Heiß)


    Manch einer wundert sich wie warm doch die 1541 im Betrieb werden kann.

    Ein guter Grund dafür ist natürlich das Commodore das Netzteil gleich mit ins Gehäuse vom Laufwerk gepackt hat.

    Nicht nur die Spannungsregelung auch ICs und Widerstände geben Wärme ab, dies alles gepaart in einem geschlossenen Gehäuse und bei warmen Sommertemperaturen, ergibt dann schon beachtliche Temperaturen im Gehäuseinneren.




    Heute aber, schauen wir uns das mal am offenen Herzen an. Die verwendete Kamera schießt Bilder in einer Auflösung von 384x288 pixel




    Der Blick durch die Kamera lässt das aktive Board in einem ganz anderen Licht erscheinen...




    Der normale Blick aufs Board




    die Kamera sieht das etwas anders... Deutlich zu sehen, wer hier für die Erwärmung so alles zuständig ist.




    Eine Wichtige Info:

    Die 1541 hab ich vor 30 Minuten eingeschaltet und abgewartet, damit sich die Temperaturen stabilisieren.

    Das Laufwerk lag dabei die ganze Zeit offen (ohne Gehäuseschalen) auf dem Werktisch und der Laufwerksmotor hat sich in dieser Zeit nicht bewegt.

    Es ist sozusagen eine Messung im Standbybetrieb, bei Zimmertemperatur von ca. 19°C.



    Die zwei Spannungsregler die für komplette Versorgung von 5V "VR2" (links) und 12V "VR1" (rechts) zuständig sind.




    Bei den MOS Bausteinen gehts da schon etwas heißer zu ;)




    Deutlich zu erkennen, wo sich die Wärmequelle im Chipgehäuse befindet und wie sich die Wärme über das ganze Gehäuse verteilt und ableitet




    Die höchste Temperatur im Standby gibt der Gleichrichter CR1 ganz außen im Eck ab, er ist für die 12V Gleichrichtung zuständig.

    Im Vergleich der CR3 für die 5V gleich rechts daneben, lässt sich davon nicht groß beeindrucken.




    Aber auch ein paar von den Widerständen im oberen linken Bereich, heizen ordentlich mit ein.



    Bauteile die ständig Hitze ausgesetzt sind, sollten bei einer Fehlersuche generell mit eingebunden werden. Eine Kontrollmessung wääre sicher nicht falsch.

    Auch angrenzende Bauteile die von der Hitze die volle Dröhnung abbekommen könnten betroffen sein, das sind dann unter anderem nicht ungerne Kondensatoren die darunter leiden...



    So das wars fürs Erste mit Teil 2

    Selber wünsche ich mir als Abschluss noch eine Messung während längerem Laufwerksbetrieb (beim Laden) und eine Messung der Geäuse-Innentemperatur.

    Das würde den Einblick in die Temperaturwelt der 1541 noch etwas abrunden.


    Vielleicht kann ich das ja bei Gelegenheit mal nachholen...

  • Bei meiner 1541 war's auch der Gleichrichter für die 5V-Schiene, der fast zum Spiegeleier braten getaugt hat. Er war auch für die Last grenzwertig dimensioniert und habe ihn gegen einen Gleichrichter für eine höre Stromstärke getauscht. Die Kühlkörper sind scheinbar ausreichend dimensioniert, damit die TO-3-Regler nicht auffällig heiß werden.

  • Diesmal schauen wir uns die Versorgung der 1541 etwas genauer an.


    Teil 3 - Trafo Umbau (Was Gutes tun ?)


    Wir wissen inzwischen das Commodore bei der 1541 das komplette Netzteil ins innere vom Laufwerkgehäuse gepflanzt hat.

    Beim Kauf hat man also nicht das Problem ob auch wirklich das passende Netzteil mit dabei ist :)

    An der Rückseite befindet sich eine Kaltgerätebuchse wo man dann einfach ein passendes Netzkabel einsteckt, ab in die Steckdose und los geht´s.


    Dazu sollte man villeicht wissen das früher die Netzspannung etwas niedriger war als heute.

    In vielen Europäischen Ländern war zu dieser Zeit die Netzspannung 220V, eine Ausnahme war z.B UK, dort waren damals schon 240V Standart.

    Deshalb wurden Computer und Peripherie mit unterschiedlichen Aufklebern versehen, zu sehen an den Angaben 220V oder 240V.

    Um die ganze Sache bei der Produktion zu vereinfachen wurden für beide Varianten der selbe Transformator gebaut, allerdings hatte man zwei Anschlussvarianten vorgesehen um flexibel bei der Auslieferung zu sein. Dazu später mehr...


    Wir wollen uns die Sache mal genauer anschauen und dazu muss nochmal der Schraubendreher in die Hand genommen werden.

    Begonnen wird mit dem Öffnen des Gehäuses und abbauen beider Gehäuseschalen, so wie in Teil 1 beschrieben.


    :idea: Wiederum werd ich mich vor Beginn der Arbeiten kurz Erden


    Dann drehe ich diese 5 Schrauben heraus




    und dann noch seitlich diese 2 Schrauben



    Den 4poligen Stecker ganz rechts geht ganz einfach abzuziehen und dann lege ich die Platine zur Seite, an einem Sicheren Ort.

    Am Besten auf ein stück Papier, Karton oder Holz. Es sollte kein Kunststoff oder Lackbeschichtung sein, wir erinnern uns an statische Aufladungen...


    Also ehrlich, so ganz ohne Platine mit all den Chips und Bauteilen, sieht der Rest dann ziemlich mechanisch aus...


    ... ist er auch ;)




    Links das Laufwerk und rechts der Transformator, ich nenne ihn ab jetzt einfach Trafo und obwohl es ein elektrisches Bauteil ist, wird auch dieser als "Mechanischer Trafo" bezeichnet.


    Es sollte klar sein das spätestens jetzt kein Netzkabel mehr an der 1541 steckt und schon gar nicht auch noch in der Steckdose.


    Schauen wir uns also den Trafo mal etwas genauer an. Die primäre Seite, so bezeichnet man die Eingangsseite der Netzversorgung, samt Kaltgerätebuchse, Netzschalter, Sicherung und die hälfte vom Trafo.

    Das ist auch die "Heiße" Seite, ich hab sie mal rot eingezeichnet. In diesem Bereich ist im Betrieb überall Lebensgefährliche Netzspannung vorhanden.


    Also nicht einfach mal ranfassen, ähm sagte ich nicht Netzstecker ziehen ?

    Ok ich lass das jetzt... :mrgreen:




    Ich hab den Anschlüssen am Trafo einfach mal beliebig Nummern vergeben, so kann man das dann im Schaltbild besser verstehen.


    Die 2 schwarzen angelöteten Litzen an der primären Seite sind die Netzspannung und auf der sekundären Seite zweimal Kleinspannung jeweils zusammengehörig als orang und blau farbigem Paar herausgeführt. Die zwei sind dann für die 5V und 12V Versorgungsschiene der 1541 Elektronik zuständig.

    Aber Achtung, der Trafo funktioniert nur mit Wechselspannung, also hohe Wechselspannung rein und 2x niedrige Wechselspannung raus.

    Das muss dann noch alles Gleichgerichtet und Stabilisiert werden um das Board mit konstanter Gleichspannung zu versorgen. Die ganzen Bauteile die hierfür benötigt werden sind dann aber auf der Platine aufgebracht.


    Hab das ganze mal versucht für euch etwas zu skizzieren

    So sieht in etwa das Schaltbild zum obigen Foto vom Trafo aus




    Wenn wir das ganze nun mit Netzspannung "anno dazumal" versorgen, also mit 220V, dann erhalten wir folgende Spannungen auf der sekundären Seite:



    Ich hab ja vorhin von den Netzspannungen erzählt, zu Zeiten von unseren alten Gerätschaften und dazu gehört auch die 1541 war die Netzspannung eben 220V und Heute liefert die Steckdose, besser gesagt der Netzbetreiber 230V, jedoch seit 2009 sind die Toleranzen etwas ausgedehnt worden und so darf sich die Netzspannung im schlimmsten Falle von 207 Volt bis ganze 253 Volt bewegen.

    Das ist schon Enorm !


    Unser Laufwerk benötigt immer die selben 5V und 12V Gleichspannung, Der Trafo kann nur in seinem Verhältnis, so wie die Spulen gewickelt sind die Spannung runter transformieren. Wird die Eingangsspannung erhöht, so erhöht sich im Verhältniss dazu auch die Ausgangsspannung und die muss dann wieder auf die genannte Versorgung runterstabilisiert werden. Das geht natürlich in Wärme über und umsomehr Überschuss anSpannung umsomehr Wärme in unserem Floppyhaus...


    Ich habe an mehreren Steckdosen in verschiedenen Haushalten so um die 240V gemessen,

    deshalb hier der Vergleich wenn wir nun primär mit 240V einspeisen.




    Die Spannung steigt sekundär zwar etwas an, aber diese Differenz muss eben irgendwo getilgt werden und das geschieht dann eben in Wärme.



    Ich schätze mal das einigen von euch an der primärseite der dritte Anschluss aufgefallen ist. Ja genau der mit der Nummer 3 !

    Hab mal die Wicklungen vom Trafo rausgemessen


    Die Werte kann man auch gut gebrauchen, sollte man mal den Verdacht haben, das eine Wicklung verbrannt sein könnte.

    Wird zwar kaum vorkommen, aber man weiß ja nie, da könnt ihr diese dann in etwa vergleichen.

    Das Multimeter sollte da schon einen 0-Abgleich haben, sollte das euer Multimeter nicht haben dann haltet die Messpitzen vor der Messung zusammen, notiert euch den Wert und diesen zieht ihr dann vom Messwert an den Wicklungen wieder ab.



    Wenn ich nun dem Trafo die Netzspannung anstelle von Anschluss 1 und 2, an die Anschlüsse 1 und 3 verbinde.

    Dann würde ich die Primärwicklung mit einem Höheren Widerstand haben und somit das Trafoverhältniss ändern können.

    Genau dafür wurde wie Anfangs schon angedeutet dieser Anschluss vorgesehen, für die Länder mit 240V Netzspannung, so wie sie damals in UK war und heute in den meisten Europäischen Ländern zu finden ist.


    Also hab ich die schwarze Litze von Anschluss 2 auf Anschluss 3 umgelötet. Wenn Ihr das nachmen wollt, bitte sicherheitshalber auch nachmessen.


    Und siehe da, jetzt liegt mit 240V Versorgung wieder die selbe Spannung am Ausgang an wie vor 30 Jahren noch mit 220V versorgt.


    Mit diesem Umbau wird auf jeden Fall die Netzteilelektronik weniger gestresst und man hofft dadurch etwas Wärme im Gehäuse einzusparen

    und der Elektronik etwas Gutes zu tun.



    Ich wünsch Euch viel Erfolg

    und Spaß beim Umbau !


    Gruß

    Martin