Amiga 4000 Platine mit Batterieschaden

  • Liebe Forengemeinde,


    dank zweier sehr hilfsbereiter Mitglieder aus dem Forum wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Batterie meines Amiga 4000 gerne mal ausläuft. Sofort nachgeschaut und der Schaden war schon da.

    Ich habe dann auf Empfehlung der beiden Helfer mit Seifenwasser geputzt, mit Essig ebenfalls und schließlich mit Isopropylalkohol gespült. Das Vorher-Nachher-Ergebnis sieht man auf den Fotos. Der HCT174A macht mir etwas Sorgen, ebenso die Zuleitungen zu dem ersten RAM-Baustein. Wenn ihr mal in die Glaskugel schaut, würdet ihr sagen, das könnte noch laufen? Und wenn nicht, ist da noch was zu retten?


    Viele Grüße

    Spot

  • Hi,


    um mich kurz zu fassen, muss alles runter und neu aufgebaut werden! Schau Dir auch mal den Audiobereich an. da läuft die Suppe auch aus den Kondensatoren. RAM-Bereich muss ebenso neu gemacht .. also jede Menge Arbeit.


    Ich schätze mal 15 bis 20 Stunden Arbeit, inkl. Material ca. 500 EUR, falls Du es machen lässt.


    Gruß


    Iggi

  • Das klingt furchtbar und hoffnungsvoll zugleich. Zumindest ist was machbar.


    Ich bastel ja selbst gerne, aber das feine Zeug löten, dafür fehlt mir Erfahrung und Equipment. Ich habe gesehen, dass das jemand in England macht, aber gibt es da auch jemanden in unseren Gefilden, der das als Auftragsarbeit machen würde?

  • Guten Morgen,


    wie isoriano schon schrieb - da hast Du noch gehörig Arbeit vor Dir! Du hast quasi den ersten Schritt, die ad hoc Maßnahmen zur Eindämmung des gröbsten Schadens, zwar schon gemacht, aber für eine dauerhafte Reparatur müsste auch die Batteriesiffe raus, die sich *unter* die Bauteile vorgearbeitet hat. Die erreichst Du leider beim Spülen und Abwaschen nicht unbedingt. Und das Gleiche gilt für grüne Stellen an Leiterbahnen *unter* dem Lötstopplack, die müssten freigekratzt und dann neutralisiert werden.


    Für die SMD-Kondensatoren gilt übrigens nicht nur im Audiobereich, dass die zumindest gecheckt werden müssten. ALLE SMD-Kondis auf dem Board neigen altersbedingt zum Auslaufen, was man an mattgrauen Lötpads und Siff im Umfeld recht schnell erkennen kann. Ist nicht viel anders als bei der Batterie, nur eben weiter übers Board verteilt - am besten runter, das ausgelaufene Elektrolyt entfernen, und dann neue Kondensatoren drauf. Einige verwenden Kerkos als Ersatz (außer im Audio-Bereich, da scheint das teilweise zu Verfälschungen und Problemen zu führen, aber angeblich nicht bei jedem Board), ansonsten eben identische SMD-Teile besorgen.


    Was gerne vergessen wird: schau Dir Deine CPU-Karte an (A3630 oder A3640, je nach Deinem Gerät)! Da sitzen auch SMD-Kondensatoren, die meiner Erfahrung nach *mindestens* ebenso gerne ausgelaufen sind wie die auf dem Mainboard. Also auch dort runter mit dem Zeug, säubern und neue Kondensatoren drauf! Bei der A3640 (also der 68040er Karte) gab es zudem das "Problem", dass seitens Commodore bei einigen Versionen auf dem CPU-Board mehrere SMD-Kondensatoren falschherum (verpolt) bestückt wurden - und sogar die Bedruckung hat die falsche Polarität. (Siehe dazu: A3640 Rework [amiga-wiki] (amigawiki.org)) Das ging/geht eine Weile gut, sollte aber auch im Rahmen der Reparatur gleich behoben werden.


    Du siehst - der "Spaß" ist immens... trotzdem lohnt sich der Aufwand und der Erhalt jeder Platine.


    Viel Erfolg!!

    Grüße,

    Ralph.

  • Hi,


    ich denke auch das der gesamte untere Bereich runter muss und neu gemacht werden muss. Selbst wenn der jetzt irgendwie noch laufen sollte, wird das nicht lange gut gehen.


    Ich würde dir auch empfehlen dich im a1k.org anzumelden. Dort gibt es einige Spezialisten die so einen Schaden beheben können, ohne direkt ein komplett neues Board aufbauen zu müssen.


    Ein sehr guter Ansprechpartner wäre z.B. DigitalKeeper der auch hier im Forum unterwegs ist. Ob er Luft, Zeit und Lust hat, dass musst du ihn dann selber fragen.


    Da muss aber definitiv ein Profi ran um das Board noch zu retten. Wenn es so bleibt, wird der Schaden größer (auch wenn du schon erste Maßnahmen ergriffen hast). Dann bleibt wirklich nur ein kompletter Neuaufbau mit einem reA4000 Board möglich und dieser kostet ca. 400-500€.


    --

    Elaay (aka WStyle) - Commodore 4 Ever !


    there are 10 types of people in this world, those who understand binary and those who dont

  • DigitalKeeper kann man nicht direkt anschreiben, vielleicht meldet er sich auf die Erwähnung hier und signalisiert Gesprächsbereitschaft? Würde mich freuen!


    Danke jedenfalls an alle für die Hinweise. Bin echt geschockt, das war der einzige Rechner, der aus gutem Grund nie im feuchten Keller stand — und dann das.

  • Bin echt geschockt, das war der einzige Rechner, der aus gutem Grund nie im feuchten Keller stand — und dann das.

    Du würdest / wirst Dich echt wundern, was die Zeit da alles für grausame Blüten treibt... Vor 20 Jahren waren viele Onboard-Batterien zwar auch schon weitgehend leer, aber noch in ansonsten "unauffälligem" Zustand. Je nach Modell sind aber in den stromlos abgestellten Geräten diese Batterien / Akkus mit den Jahren zu kleinen Chemiebomben geworden, die anfangs meist unmerklich leck geworden sind und in unterschiedlichen Graden ihre Batterielauge (ja, es ist eine Lauge, weshalb man eine Säure zum Neutralisieren verwendet) über Leiterbahnen und Boards verteilt haben. Und das ist nicht das einzige Problem, an das vor besagten 20 Jahren kaum jemand gedacht hatte:


    - Onboard-Batterien und -Akkus:

    Vor allem die sog. "Tönnchen" sind kritisch. Meist eingelötet mit angeschweißten Lötfahnen. Ersthilfe ist hier immer das Abknipsen mit Seitenschneider & Co. Betroffen sind hier z.B.: Amiga 500+, Amiga 2000 / 3000 (T) / 4000 (T), diverse PC-Mainboards aus der Ära bis 486er, aber auch A500-Speichererweiterungen für die Trapdoor. Apple dagegen hat bspw. Batteriehalter mit herausnehmbaren Batterien (meist 3,6V Tönnchen) verwendet, ebenso NeXT - da backen sich die auslaufenden Batterien gerne mit dem Halter zu einem kleinen Ziegelstein zusammen. Dritte Variante sind über Kabel "extern" angebundene Batteriepacks, findet man z.B. bei DEC, manchen Acorn-Desktops und gerne auch Zusatzkarten). Hier muss sich der Siff erst über das Kabel zum Board vorarbeiten, so dass man meist geringere Schäden hat. Allerdings habe ich einen Amiga 2000, bei dem jemand ein Batteriepack zur AT-Karte in dieser Form angeflanscht und intern an die Netzteilwand geklettet hatte - und diese Batterien sind *richtig fies* ausgelaufen und haben entlang des Kabels und unter dem Pack selbst einen regelrechten Berg von Batteriesiff gebildet, der kaum noch entfernbar ist. Furchtbar, und so vermeidbar...


    - (SMD-) Kondensatoren

    Betrifft vor allem SMD-Kondensatoren, daher die besondere Nennung. Bei vielen Rechnern lecken mittlerweile die Kondensatoren und verteilen ihr Elektrolyt erst im unmittelbaren Umfeld, je nach Zeit dann aber auch im weiteren Bereich. Ist ähnlich aggressiv wie die Batterielauge, aber oft nicht ganz so leicht erkennbar. Indikatoren sind meist mattgraue Lotstellen (statt glänzend) und Bereiche, die "feucht" aussehen. Beispiele für weitreichend betroffene Geräte / Serien sind z.B. Amiga 600 / 1200 / 4000, CD32, diverse Apple MAC-Rechner aus der IIer und den LC-Serien, NeXT-Mainboards, Sega Gamegear, und wahrscheinlich massig weitere Geräte. Aber auch "klassische" Kondensatoren laufen teilweise mit gleichen Effekten aus. Beispiele sind da im Epson HX-20, Apple Newton, aber auch massig interne und externe Netzteile usw. zu finden. Da Elektrolyt zudem leitend ist, entstehen Unzuverlässigkeiten und manch lustige Effekte, die man oft nicht mit auslaufenden Kondensatoren in Verbindung bringt. Eindeutiger wird es dann, wenn ein entstehender Kurzschluss die Gerätesicherung legt. Achja - teilweise ist bei klassischen Kondensator-Bauweisen der Siff UNTER dem Kondensator nicht direkt sichtbar - erst nach dem Auslöten sieht man das Drama...


    - Netzfilter-(Folien-)Kondensatoren (i.a. RIFA)

    Die Dinger findet man in Netzteilen. Sehen i.a. aus wie kleine rechteckige Kästchen mit Lötfahnen, die RIFAs sind normalerweise gelb-golden-durchsichtig. Dank Alterung entwickeln die Dinger kleine Risse / Moirée-Muster an der Oberfläche, die man gut erkennen kann. Dadurch dringen Luft und Feuchtigkeit in den Kondensator, was der Kondensator nach mehr oder weniger kurzem Betrieb dann normalerweise mit einem Kurzschluss, dem explosiven Aufplatzen und einem barbarisch stinkenden Rauchzeichen quittiert. Von Letzterem hat man auch bei gutem Lüften locker 24 Stunden noch etwas. ;) Daher am besten die Netzteilbereiche älterer Rechner noch VOR dem ersten Einschalten checken, man erspart sich einiges, und man kann auch die Werte auf den Kondensatoren in unexplodiertem Zustand besser ablesen, um Ersatztypen zu besorgen. Es gibt X- (X2-) und Y- (Y2-) Typen, die man in moderner Form problemlos passend nachkaufen kann. Manche lassen das auch und entfernen die Teile nur, das sollte auch laufen, ist aber eben nicht mehr original dann (dank stabiler Stromnetze kann man i.a. auf Netzfilter weitgehend verzichten, hieß es da immer).


    Weil die RIFA-Netzfilter ein weit verbreitetes Problem sind, hier nur einige Beispiele, wo ich selbst bei meinen Sammlungsgeräten schon tätig war / werden musste: Sharp MZ700-Serie, Sharp MZ80-Serie, Apple IIe (Netzteile), Victor Sirius, Apple IIc und IIe Monitore (!), CBM 610, Commodore 1541 (in der Kaltgerätebuchse steckt der Netzfilter gleich drin!), usw.


    Soviel erstmal zu den größten Baustellen im elektrisch-elektronischen Bereich. Wird sonst zuviel, aber ich hoffe, schon das Obige gibt einen kleinen Überblick und hilft...