Hm Ich sehe da noch zwei Hauptgründe, warum der Anreiz zum Programmieren heute im Vergleich zu den 80ern geringer ist:
1. Komplexität der Environments
Die alten Rechner (Apple II / C64 / etc.) hatten ja kein wirkliches Betriebssystem, welches die Hardware vor dem Programm verbarg. OK, CP/M bot schon eine Abstraktionsebene, aber die war auch nur eine Hilfestellung und keine unüberwindliche Hürde. Wer aber heute auf die Hardwareebene zugreifen will, der muss - sowohl bei Windows, als auch bei Linux - sehr, sehr tief in die Systemprogrammierung einsteigen, um da etwas reissen zu können. Wo früher ein paar PEEKs und POKEs gereicht haben, ist da heutzutage ein selbstgebauter Hardwaretreiber, der dann ja noch in das Betriebssystem eingebunden werden muss, notwendig. Und da die heutigen Rechner alle direkt auch noch als Multiprozessoren daherkommen, liegt die Latte für den Programmieraufwand schon extrem hoch (Stichwort Race Conditions). Mit "eben mal was Ausprobieren" geht da gar nichts mehr.
2. Der Anreiz, etwas besser zu machen fehlt
Wenn man sich die Programme, die man damals kaufen konnte, mal betrachtet hat, lag es oft durchaus im Bereich des Möglichen, dass man durch selbst programmieren etwas Gleichwertiges oder - mit guten Ideen und viel Fleiß - gar Besseres hinbekommen hat. Sieht man aber, wieviel Manpower heutige Entwicklungsfirmen in die Entwicklung neuer Spiele oder Anwendungsprogramme stecken, hat man da als Einzelkämpfer kaum noch Chancen, da qualitativ auch nur in die Nähe zu kommen. Diese Entwicklung sah man schon am Anfang der 90er Jahre und wird nur dadurch etwas abgemildert, dass im Gegenzug auch immer mächtigere Entwicklungsumgebungen, Makrosprachen und Runtime-Engines verfügbar wurden.
3. Viele Probleme sind schon hinreichend genug gelöst
Meist fehlt einfach die Notwendigkeit, etwas zu coden, da es mittlerweile für fast jedes Problem fertige Programme gibt. Meist genügt schon eine Handvoll Skripte, um bestehende Programme so zu verwenden, dass sie ein aktuelles Problem lösen. Wozu dann alles nochmal selbst coden, wenn nicht aus purer Neugier?
Im Gegenzug muß man aber auch sagen:
Die finanzielle Hürde für die heutige Jugend tendiert eigentlich gegen Null: Die meisten bekommen den Rechner von ihren Eltern, oder können sich einen preisgünstig 2. Hand besorgen. Fachliteratur und Software gibt es haufenweise umsonst im Netz - und die verschiedenen Communities lösen auch das Problem, dass man sich gerne mal austauschen möchte, wenn man im Freundeskreis niemenden hat, der sich mit dem aktuell anliegenden Thema beschäftigt (früher oft echt ein Problem). BTW: Ich raufe mir oft die Haare, wenn ich sehe, dass meine Mädels, das Internet nur zum Tratschen benutzen und gar nicht versucht wird, die Unmenge an verfügbaren Informationen mal anzuzapfen.
Und: Man darf auch nicht vergessen, dass es unzählige freie Projekte gibt, an denen viele Leute mitprogrammieren. Da kommt auch viel Nachwuchs nach. Aber auch da sind die meisten Projekte mittlerweise extrem komplex geworden. Das dauert, sich da erst einmal reinzufinden, bis man wirklich etwas beisteuern kann, was die anderen Programmierer nicht sofort zerpflücken (mir selbst - als Profi - auch schon passiert). Da kann der Frust für den ein- oder anderen auch schonmal dazu führen, dass man dann sagt: Dann halt nicht.
-- Klaus