Bin echt geschockt, das war der einzige Rechner, der aus gutem Grund nie im feuchten Keller stand — und dann das.
Du würdest / wirst Dich echt wundern, was die Zeit da alles für grausame Blüten treibt... Vor 20 Jahren waren viele Onboard-Batterien zwar auch schon weitgehend leer, aber noch in ansonsten "unauffälligem" Zustand. Je nach Modell sind aber in den stromlos abgestellten Geräten diese Batterien / Akkus mit den Jahren zu kleinen Chemiebomben geworden, die anfangs meist unmerklich leck geworden sind und in unterschiedlichen Graden ihre Batterielauge (ja, es ist eine Lauge, weshalb man eine Säure zum Neutralisieren verwendet) über Leiterbahnen und Boards verteilt haben. Und das ist nicht das einzige Problem, an das vor besagten 20 Jahren kaum jemand gedacht hatte:
- Onboard-Batterien und -Akkus:
Vor allem die sog. "Tönnchen" sind kritisch. Meist eingelötet mit angeschweißten Lötfahnen. Ersthilfe ist hier immer das Abknipsen mit Seitenschneider & Co. Betroffen sind hier z.B.: Amiga 500+, Amiga 2000 / 3000 (T) / 4000 (T), diverse PC-Mainboards aus der Ära bis 486er, aber auch A500-Speichererweiterungen für die Trapdoor. Apple dagegen hat bspw. Batteriehalter mit herausnehmbaren Batterien (meist 3,6V Tönnchen) verwendet, ebenso NeXT - da backen sich die auslaufenden Batterien gerne mit dem Halter zu einem kleinen Ziegelstein zusammen. Dritte Variante sind über Kabel "extern" angebundene Batteriepacks, findet man z.B. bei DEC, manchen Acorn-Desktops und gerne auch Zusatzkarten). Hier muss sich der Siff erst über das Kabel zum Board vorarbeiten, so dass man meist geringere Schäden hat. Allerdings habe ich einen Amiga 2000, bei dem jemand ein Batteriepack zur AT-Karte in dieser Form angeflanscht und intern an die Netzteilwand geklettet hatte - und diese Batterien sind *richtig fies* ausgelaufen und haben entlang des Kabels und unter dem Pack selbst einen regelrechten Berg von Batteriesiff gebildet, der kaum noch entfernbar ist. Furchtbar, und so vermeidbar...
- (SMD-) Kondensatoren
Betrifft vor allem SMD-Kondensatoren, daher die besondere Nennung. Bei vielen Rechnern lecken mittlerweile die Kondensatoren und verteilen ihr Elektrolyt erst im unmittelbaren Umfeld, je nach Zeit dann aber auch im weiteren Bereich. Ist ähnlich aggressiv wie die Batterielauge, aber oft nicht ganz so leicht erkennbar. Indikatoren sind meist mattgraue Lotstellen (statt glänzend) und Bereiche, die "feucht" aussehen. Beispiele für weitreichend betroffene Geräte / Serien sind z.B. Amiga 600 / 1200 / 4000, CD32, diverse Apple MAC-Rechner aus der IIer und den LC-Serien, NeXT-Mainboards, Sega Gamegear, und wahrscheinlich massig weitere Geräte. Aber auch "klassische" Kondensatoren laufen teilweise mit gleichen Effekten aus. Beispiele sind da im Epson HX-20, Apple Newton, aber auch massig interne und externe Netzteile usw. zu finden. Da Elektrolyt zudem leitend ist, entstehen Unzuverlässigkeiten und manch lustige Effekte, die man oft nicht mit auslaufenden Kondensatoren in Verbindung bringt. Eindeutiger wird es dann, wenn ein entstehender Kurzschluss die Gerätesicherung legt. Achja - teilweise ist bei klassischen Kondensator-Bauweisen der Siff UNTER dem Kondensator nicht direkt sichtbar - erst nach dem Auslöten sieht man das Drama...
- Netzfilter-(Folien-)Kondensatoren (i.a. RIFA)
Die Dinger findet man in Netzteilen. Sehen i.a. aus wie kleine rechteckige Kästchen mit Lötfahnen, die RIFAs sind normalerweise gelb-golden-durchsichtig. Dank Alterung entwickeln die Dinger kleine Risse / Moirée-Muster an der Oberfläche, die man gut erkennen kann. Dadurch dringen Luft und Feuchtigkeit in den Kondensator, was der Kondensator nach mehr oder weniger kurzem Betrieb dann normalerweise mit einem Kurzschluss, dem explosiven Aufplatzen und einem barbarisch stinkenden Rauchzeichen quittiert. Von Letzterem hat man auch bei gutem Lüften locker 24 Stunden noch etwas. Daher am besten die Netzteilbereiche älterer Rechner noch VOR dem ersten Einschalten checken, man erspart sich einiges, und man kann auch die Werte auf den Kondensatoren in unexplodiertem Zustand besser ablesen, um Ersatztypen zu besorgen. Es gibt X- (X2-) und Y- (Y2-) Typen, die man in moderner Form problemlos passend nachkaufen kann. Manche lassen das auch und entfernen die Teile nur, das sollte auch laufen, ist aber eben nicht mehr original dann (dank stabiler Stromnetze kann man i.a. auf Netzfilter weitgehend verzichten, hieß es da immer).
Weil die RIFA-Netzfilter ein weit verbreitetes Problem sind, hier nur einige Beispiele, wo ich selbst bei meinen Sammlungsgeräten schon tätig war / werden musste: Sharp MZ700-Serie, Sharp MZ80-Serie, Apple IIe (Netzteile), Victor Sirius, Apple IIc und IIe Monitore (!), CBM 610, Commodore 1541 (in der Kaltgerätebuchse steckt der Netzfilter gleich drin!), usw.
Soviel erstmal zu den größten Baustellen im elektrisch-elektronischen Bereich. Wird sonst zuviel, aber ich hoffe, schon das Obige gibt einen kleinen Überblick und hilft...