Mac SE/30 - Zerhacktes Bild mit schrägen Linien

  • Hallo,


    Von meinem SE/30, den ich vor ca. 20 Jahren mal irgendwo abgestaubt und seit dem vielleicht alle 1 bis 2 Jahre mal aufgebaut habe, um ihn zu streicheln und einen Text drauf zu schreiben, hat sich letztens das Display verabschiedet und zeigt Streifen wie im angehängten Bild. Das Display flackert nicht, es ist völlig stabil, man kann die Maus bewegen und mit dem Gerät "arbeiten", man sieht nur nicht richtig, was man macht. Der Fehler ist schlagartig gekommen, während er lief. Kein Knall, kein Rauch.

    Unabhängig davon hatte sich mit der Zeit der Sound von dem Mac verabschiedet. Der wurde immer leiser, bis er kaum noch zu hören war. Ich hatte aber nie die Zeit und den (Arbeits)platz, um mich mit dem Recapen zu befassen.
    Nun hab ich aber die Möglichkeiten, und ich will das Ding wieder auf Vordermann bringen. Innen drin sieht er recht sauber aus. Da ist nichts von Batteriesäure zerfressen oder so.

    Nun meine Frage, da ich mir beim Streifenbild unsicher bin: Wo fange ich am besten an, damit ich zunächst wieder ein brauchbares Bild bekomme? Ist der Fehler eher auf dem Analogboard oder dem Logicboard zu verorten? Oder ganz wo anders?

    Grüße

    Tobias

  • Hi und welcome.


    Die schrägen Linien sind sogenannte Retrace lines, also der Rücklauf des Elektronenstrahls, der der Bild ausbaut. Normalerweise wird der aber für diese Zeit dunkelgetastet, eben damit man das nicht sieht. Dreht man aber beispielsweise den Flyback zu weit auf kann das aber sehen wie in dem Bild.

    Generell: statt des Streichelns hättest du ihn recappen (lassen) sollen. Vor Jahren.

    Soundproblem ist das Mainboard was von auslaufender Kondensatorsuppe zerfressen wird Da Bildprblem ist auf dem Analogboard zu suchen. Ggf. auch im Netzteil, was ebenfalls ein Recap-Kandidat ist.


    Wenn du jetzt noch "zunächst wieder ein brauchbares Bild" zusammenflickst kannst du die Kiste auch in den Müll werfen. Klingt hart aber ist leider die Wahrheit.

    Es sind ja nicht nur die Kondensatoren die "mal eben" ersetzt werden müssen -> Chips in der Nähe müssen reflowed werden. Also mindestens mit Entlötlitze den zu Sand werdenden kontaminierten Lötzinn runter, alles cleanen, neu verlöten. Die Vias in der befallenen Gegen sollten auch angeschaut werden. Caps tauschen: 10 Minuten. Rest der Reparatur inkl 24h Bad in Iso (oder noch besser: Ultraschallbad): ein paar Tage Aufwand unter dem Mikroskop.


    Ich hab letztens für ein Member hier einen IIsi behandelt. Auch Audio-Ausfall. Bin aber jetzt mit eigenem Kram voll und mach das eh nicht in Serie.


    Ich häng mal die Capliste dran. Kann dir auch 3 Mouser-Listen geben. Sind so 57 Euro+Steuern und Versand alleine für die Teile. Lohnt also eine Mouserbestellung (ab 50,- ohne Versandkosten)

    SE_30_caps.pdf

  • PS: gestern die "blockige" Grafik der Icons übersehen. Da scheint es einen Chip auf dem Motherboard erwischt zu haben. Bei mir war es mit UE8 das shift register was die Videodaten serialisiert. Ergo -> garnix auf dem Schirm. Beim Auslöten mit Heißluft blieb ein Bein einfach auf den Board, das war durch die Kondensatorsuppe abgefault. Ich wette irgendein Baustein der Reihe UA8-UG8 hats erwischt. Mit etwas Glück nach Waschen/reflow wieder okay. Mit etwas Pech ein neuer IC fällig.


    Auch wenn Rappi das anders zu sehen scheint, ich bin da eher ein Freund der offenen Worte ohne Beschönigung. auch an die anderen "da draußen": die Suppe zerfrisst euch das Board.

    Ich hab aus JEDEM VIA den krustigen alten Zinn rausgepult. (Beinchen eines Widerstands in einem Fallbleistifthalter als sanften "Bohrer" + Spülungen mit IPA und Flux. Der Zinn ist durch die Suppe völlig fertig und wie Sand. Da nimmt nix mehr Lötzinn an.


    Natürlich bekommt man das wieder hin. Und da sind wir hier auch behilflich. Und daher: hier nochmal die Mouserlisten als Excel, inkl Mouser-Nummern etc.

    Damit bist du gut aufgestellt.

    SE30 Mouser.zip


    https://recapamac.com.au/ solltest du auch kennen.


    JDW hat auch ein paar gute Video (und Teilelisten)


    Sony PSU: https://www.youtube.com/watch?v=nSZ8QsNUxDM


    Analogue Board: https://www.youtube.com/watch?v=zr_Q4bGI_qY

  • Zum Auslöten:


    Da gibt's immer wieder die Grabenkämpfe "drehen" "zwicken" oder Heißluft. Ich bin da ganz klar im Lager Heißluft, weil nur das ohne mechanischen Stress auskommt. Beim SE30 liegen die Caps auch recht offen ohne zu viel Plaste drumrum. Tipp hier. ein "Hitzeschild" in Form einer Cuttermesserklinge. Die kann man schön ablängen, und wenn man ein Ende in eine Spiralfeder steckt hat man einen schönen "Bauzaun". Für den IIis hab ich aus Alu schnell was gebogen und dann auch diese Caps sauber und Zerstörungsfrei raus bekommen, obwohl die inmitten vom Plaste liegen. (Bilder von Recapamac)


     


    Temperatur.. ich nehme entweder die langsame Methode mit 280 Grad. Das dauert dann eine weile aber man bekommt alles schön langsam warm und die Temp ist niedrig genug um die Gefahr von Blistering gering zu halten.


    Was aber auch geht und grade wo es so eng ist sogar besser sein kann: 405 grad und dann kurz und schmerzlos. Dabei WIRD die Plastikbasis des Caps schmelzen und auch alle nicht geschützte Plaste! Und nicht zu lange auf einer Position "braten". Dabei kann der Cap auch aufbrechen, ich finde aber, fast schon langsamer als bei 280 Grad. (Augenschutz!!)

  • Da würde ich ganz pragmatisch mit der Helligkeit des Bildschirms anfangen.

    Vorne unter dem Apple mal an der Walze drehen. Wenn das die Anzeige

    verbessert und verschlechtert, dann hast du den Verursacher, die Helligkeit,

    bereits gefunden.


    Dann die Walze in die mittlere Stellung bringen um dann auf dem Power

    Board die Helligkeit richtig einstellen. Danach kannst du dann immer mal

    wieder aussen an der Walze nach Bedarf nachstellen.


    PS: Er will ja im Moment einfach den Macintosh SE/30 wieder normal benutzen

    können. Danach kann er dann weiter Hand anlegen. Da es aber sein erster

    Post hier ist, ist überhaupt nicht bekannt, welche Fertigkeiten er hat. Solche

    Arbeiten am Digital Bord können ganz leicht in die Hose gehen. Das ist auch

    mir schon passiert.

  • Ich möchte mich erst mal für eure wirklich wertvollen Tipps bedanken, und ich werde dann, sobald ich das Material habe, mit dem Säubern und Recappen des Mainboards beginnen und über Erfolg oder Misserfolg berichten und vielleicht auch noch die eine oder andere Frage stellen.

  • So Leute,

    nachdem ich jetzt auf dem Mainboard alle Kondensatoren getauscht habe, meldet sich de alte Kumpel beim Einschalten doch glatt wieder mit einem lautstarken Bong. Er macht wieder Töne! Hurra! Wie schön.

    Das Bild ist aber immer noch Mist.

    Dann werde ich mich als nächstes dem Boardputzen widmen und die in Frage kommenden Chips genau unter die Lupe nehmen (wortwörtlich).

    Analogboard und PSU sind m.E. grundsätzlich ok. Spannungen stimmen, und Kondensatoren (ohne auslöten gemessen) sind im grünen Bereich.

  • Wenn ich mir das Foto genauer anschaue, dann ist das die Meldung:


    "Sie haben den Macintosh das letzte Mal nicht

    ordnungsgemäss heruntergefahren"


    Oder so ähnlich ist diese Fehlermeldung. Wenn du jetzt auf der Tastatur Return

    oder Enter drückst, so sollte diese Fehlermeldung verschwinden und der

    Schreibtisch angezeigt werden.


    Für mich sieht das immer noch aus, als würde der Bildschirm viel zu hell und/oder

    mit zu wenig Kontrast angezeigt (das habe ich schon weiter oben geschrieben)

  • Das stimmt. Wenn ich ich Return drücke (oder lange genug warte) gehts weiter, und ich komme zum Schreibtisch.
    Aber das Bild ist eben "grob pixelig" plus diese Retrace-Lines. Der Helligkeitsregler links unten an der Front steht bei dem Foto irgendwo bei "normal", ich könnte ihn im Uhrzeigersinn drehen, dann wird das Bild heller, oder entgegengesetzt, dann wird es dunkler bis völlig schwarz.
    Der Fehler ist entstanden von "jetzt auf gleich". Als ich den Mac das letzte Mal angeschaltet hatte, war das Bild fein, alles lief prima, bin in die Küche, hab mir ein Toastbrot getoastet, und 5 Minuten später, als ich zurückkam, sah das Bild aus wie auf dem Foto, ohne dass wer an Potis oder Reglern gespielt hat.

  • Laut DeadMacScrolls sind diese Lines ein Indiz für einen kaputten T1 (BU406) auf dem Analogboard. Dazu passen meiner Meinung nach aber die grob-pixeligen Grafiken nicht. Wenn ich T1 mit nem Chinatester prüfe (ohne auslöten), kommt Müll raus. Ist das zu erwarten? Sollte ich den mal auslöten und checken, ob der noch ok ist?

  • Ich hab jetzt sämtliche Pins von UE8 nachverfolgt. Sie kommen alle ans richtige Ziel. Mit rund 0,12 Ohm im Schnitt. Ist das zu viel oder normal?
    Wenn ich den Widerstand eines Beinchens messe, komme ich auf ca. 0,08 Ohm. Ich nehme an, die Verluste entstehen am Aufsetzpunkt zw. Messspitzen und Beinchen.

  • Ich hatte schon einen ähnlichen Fehler der beim Starten ein zerrissenes

    Bild anzeigte. Das habe ich nur durch das stromlos machen des SE/30

    wegbekommen.


    Hast du das Digital Board schon einmal ganz stromlos gemacht?

    Vor allem auch die Stützbatterie entfernt. Auch die Erdung überprüft,

    es gibt eine grüne Verbindung zwischen der Stromteil und dem Gestell:


  • Noch etwas vergessen: Hast du in der Nähe Magnetspulen, Lautsprecher,

    Bildschirm, andere laufende Computer etc.?

  • Hast du das Digital Board schon einmal ganz stromlos gemacht?

    Vor allem auch die Stützbatterie entfernt. Auch die Erdung überprüft,



    Klar war das Board schon komplett stromlos. Zum Beispiel während des Ultraschallbades, das es jetzt hinter sich hat. Das Bad hat den Zustand aber nicht verbessert. Die Erdung ist auch vorhanden und sitzt fest.

    Ich geh momentan davon aus, dass ein Chip kaputt ist, wahrscheinlich UE8. Wobei mich mal interessieren würde auf welche Weise der Chip kaputt geht. Frisst sich der Kondensatorsaft an den Beinchen ins Innere und macht den kaputt? Oder sind die Ursachen ganz anderer Art? Zum Beispiel wegen kaputter Kondensatoren stimmen irgendwelche Spannungen nicht mehr, durch den Chip geht zu viel Strom, was ihm dann auf Dauer nicht bekommt?

  • Frisst sich der Kondensatorsaft an den Beinchen ins Innere und macht den kaputt?

    Ja.

    Tausch den Kleinen aus. Sämtliche Verbindungen von/zu dem Chip hast du ja schon überprüft, das dürfte es ja dann nicht mehr sein.

    Dass das Schieberegister, der 8 Bit Zähler daneben oder auf der anderen Seite der Muxer sterben tritt sehr häufig auf.