SMD pads reparieren (Batterieschaden)

  • Heute habe ich mal eine (für mich) neue Methode ausprobiert um SMD pads zu reparieren.

    Hintergrund:

    An einem neu erstandenen Amiga 4000 Mainboard war leider wesentlich mehr beschädigt als anfänglich geahnt. Beim säubern sind immer mehr lose pads und verrottete Leitungen aufgefallen. Bei einem IC fehlten sogar 8 pads und nachdem ich 4 pads erfolgreich ersetzt habe, wollte ich hier das vorgehen ein wenig dokumentieren.


    Zustand nach der Reparatur von 4 pads (4 pads sind noch defekt):


    Zustand nach der Reparatur:


    Vorgehen:

    Zunächst habe ich mir einen Spender für die Pads gesucht. (beim ersten Bild ist ein pad zu groß, da hatte ich zu vorschnell ein falsches pad genommen)

    Spender:

    Von der Platine habe ich vorsichtig ein paar pads entfernt.

    Das pad mit einer Leitung (wichtig!) um es anlöten zu können.


    Die große Frage: Wie kann man das pad nun an der Platine befestigen?


    Epoxyd-Harz?

    Ja, es gibt geeignete Harze, die bis zu 330°C vertragen. Leider benötigen diese Harze bis zu 2 Tage um komplett auszuhärten und sind erst dann wirklich so temperaturstabil. Davor leider nicht. Eine kleinere Reparatur kann somit mehrere Tage bis Wochen dauern.


    PVA-Kleber?

    Möglicherweise... PVA-Kleber vertragen auch sehr hohe Temperaturen (über 250°C) aber diese Klebstoffe gasen bei höheren Temperaturen aus un können leicht verkohlen.


    Sekundenkleber?

    Nein, Acrylatkleber haben zwar zum Teil sehr hohe Temperaturbeständigkeit aber Sekundenkleber zersetzt sich schon bei unter 200°C.


    Phenolharz?

    Ja, Phenolharz kann man durch Hitzeeinwirkung aushärten (ab 150°C) und dieses Harz wird dann relativ temperaturstabil (gerade so bis 300°C). Die Herstellung von Phelonharz ist leider nicht ganz trivial und benötigt zudem verschiedene Werkzeuge um es auszuhärten.


    Ich habe Phenolharz verwendet, da ich bei eBay eine fertige Mischung in Pulverform bekommen habe. Dieses Pulver habe ich mit ein wenig Isopranol vermischt und eine zähflüssige Masse bekommen. Diese Masse habe ich für ca, 10 Minuten unter ca. 120°C 'gekocht' um das Harz ausgasen zu lassen. Danach erhielt ich eine harzig-zähe Paste, die sehr klebrig war. mit einem kleinen Spachtel konnte ich die Paste auf den Stellen verteilen, wo später die Pads verklebt werden sollten. Mit einem feinen Spachtel und einem Lötkolben habe ich dann die pads auf dem Board verklebt (leider konnte ich davon keine Bilder machen, da ich nur 2 Hände habe). Wenn dies gelungen ist, sind die Pads sehr gut mit der Platine verbunden. Die pads lösen sich auch nicht wenn man mit Litze und etwas Druck darüber geht. Leider ist diese Methode nicht immer 100% erfolgreich und ich musste an manchen Stellen den Vorgang mehrfach wiederholen. Ich schätze, dass mein Harz nicht gut durchmischt ist und das Hexamin (welches zum Aushärten benötigt wird) nich überall gleichmäßig verteilt war.

    Eigentlich wird für das Aushärten des Harzes auf der Platine ein sehr kleines Bügeleisen (bzw. ein Aufsatz für den Lötkolben) benötigt. Mit einer Methode kann ich das Harz nicht richtig gleichmäßig erhitzen und muss daher den Lötkolben auf 220°C betreiben (was eigentlich zu hoch ist). Zwar funktioniert es scheinbar aber das Harz 'sprudelt' bei dieser Temperatur noch zu stark und verschlechtert damit das Haftverhalten. Das Endergebnis ist aus meiner Sicht zwar nicht perfekt aber akzeptabel.


    -Jonas

  • Es gibt eigentlich fertige Reparatur-kits für diese Sachen. Leider lassen sich die Hersteller die Werkzeuge und Materialien mit Gold aufwiegen. Zum Phenolharz habe ich gegriffen, weil kein Epoxydharz, welches ich getestet habe auch nur annähernd 250°C vertragen hat. Eventuell habe ich nicht lang genug gewartet oder schlecht gemischt?


    PACE CIR-KIT - 'ThermoBond' (Phenolharz) (460€)

    Land repair-Kit - Hochtemperatur Epoxyd (420€)

    usw.


    Meine Lösung:

    Phenolharz (<10€)

    Schrottplatinen: 0€

    Herumprobieren: 2 Tage


    EDIT:

    Ein nicht so optimales Verhalten beim Phenolharz ist übrigens, dass es kurz bevor es erhärtet sehr flüssig und geradezu 'glitschig' wird. Dabei sind mir auch ein paar mal die pads weggerutscht. Ein nachjustieren ist nicht möglich, weil das Harz dann of schlagartig erhärtet. Mit Kapton Klebeband kann man das ein wenig kompensieren. Phenolharz ist etwas spröder als Epoxyd und Reste auf der Platine können sehr gut mit einem Glasfaserstift entfernt werden.


    -Jonas

    • Offizieller Beitrag

    Das Kleben ist evtl. gar nicht noetig, wenn man nur wenige Pads ersetzten muss, die dann nicht zur Stabilitaet beitragen.


    Nachdem man das neue IC fixiert oder bestueckt hat, kann man bestimmt ein Ersatzpad unter das IC-Beinchen unterschieben und anloeten.

    Natuerlich muss man mit der Leiterbahn an ein Via oder weitere Leiterbahn dran kommen.


    Jonas, auf jeden Fall eine tolle Idee.

  • stynx : Vielen Dank für die Doku!

    Kannst Du mal einen Link posten, welches Phenolharz Du verwendet hast?

    Phenolharz ohne Hexamin

    Der gleiche Anbieter hatte auch eine fertige Mischung mit 9% Hexamin. Leider finde ich den Artikel nicht mehr.


    hier eine fertige Mischung

    -> leider auch nicht im Onlineshop verfügbar... eventuell muss man sich das selbst mischen?

    Hexamin = Esbit :)


    -Jonas

  • Was macht das Hexamin?

    Es sorgt wohl für die Vernetzung (aushärten).

    Den exakten chemischen Prozess kenne ich nicht.

    Ohne Hexamin bleibt das Harz schmelzbar und verkohlt bei zu hohen Temperaturen nur.

    Ausgehärtetes Phenolharz kann man nicht mehr schmelzen.


    Bis 150°C bleibt die Mischung zähflüssig und kühlt zu einem brüchigen Kolophonium-ähnlichen Harz aus und kann jederzeit wieder geschmolzen werden. Ab 150°C beginnt der Vernetzungsprozess und das Harz bleibt dann stabil. Die Hitzebeständigkeit des ausgehärteten Harzes ist höher als die der nicht ausgehärteten Variante.


    -Jonas

  • Ich gebe dir Recht, dass es meist auch einfacher geht. Zudem ist bei meiner Methode nicht sicher, dass die Pads auch langfristig halten werden (daher habe ich ja auch die langen Leitungen an den Pads durch die VIAs gelegt und verlötet). Ich wollte einfach mal versuchen richtig 'professionell' an die Sache ran zu gehen, ohne gleich hunderte Euro investieren zu müssen. Es hat tatsächlich besser funktioniert als ich gedacht habe.


    -Jonas

  • Ich habe eine möglicherweise bessere Möglichkeit zum Ankleben gefunden.


    "3M 583" Thermal Bonding Tape


    "Tesa HAF 8410" sollte auch gehen

    Heute habe ich das 3M 583 bekommen.


    Die ersten Versuche sind ernüchternd.


    Das Tape ist eine Phenol-Nitril Verbindung und wird bei Erhitzung (ab 180°C bis 350°C) zunächst Gummi-artig/schmierig und Pads verrutschen leicht. Nach dem Abkühlen ist die Verbindung des Pads ok und lasst sich nur mit etwas Kraftaufwand wieder ablösen. Leider wird das Klebematerial wieder weich, wenn man das Pad zu löten versucht. Ich schätze, dass man das Tape für 5min. auf >180°C Erhitzen muss, damit es korrekt aushärtet. Danach wird die Verbindung wohl über die Zeit noch stärker. Der Klebefilm bleibt aber scheinbar auch später noch ein wenig flexibel.


    Erst bei ca. 450°C beginnt die Phenol-Nitril Folie auszugasen, verkohlt aber nicht.

    In MEK löst sich die Phenol-Nitril Folie auf und bildet eine Lösung, die man dünn auftragen kann.


    Ich werde wohl ein wenig mehr testen müssen.

    Derzeit erscheint mir die Folie gut zum Flicken von Leder und Jeans-Stoffen geeignet :P


    -Jonas

  • Nur mal so ne Frage... kann man nicht diese komischen Silberlacke verwenden, die da als quasi aufmalbare Leiterbahnreparatur angeboten werden? Oder taugen die nichts?

    Ja und nein.


    Grundsätzlich funktionieren diese Lacke bei kleinen Leiterbahn-Unterbrechungen. Bei längeren Verbindungen wird der Widerstand zu groß. Zudem ist nicht wirklich klar, wie stabil die Lacke auf längere Zeit sind. Solche Lacke können auch temperaturempfindlich sein.


    Silberlacke kann man zwar begrenzt löten, nur zersetzen sich die Bindemittel des Lacks dabei. Dies kann eine ziemliche Sauerei werden, oder es funktioniert einfach nicht :)


    Ich verwende keinen Silberleitlack, weil mir das nicht 'professionell' genug ist und weil es zudem nicht klar ist wie lange so eine 'Reparatur' hält. Es gibt sicherlich Bereiche, wo man nicht an solchen Reparaturen vorbei kommt -> wenn man materialbedingt nicht löten kann zB. bei Solarzellen oder Glas.



    -Jonas