Siemens 6.610 Reparatur geglückt

  • In "mein neues Etwas" hatte ich ihn schon vorgestellt: den Siemens 6610


      


    Siemens System 6600 wurde 1979 eingeführt, die Maschine basiert auf einer 8080 CPU, unser Gerät hat 54 kB RAM. Der Computer (bestehend aus 6 Platinen in einem Bus-System, Netzteil, Videoteil , Bildröhre und einer 8" Floppy) ist in ein mächtiges Terminalgehäuse integriert.


    Bei der ersten Inbetriebnahme tat sich bis auf ein rythmisches Piepen und laufenden Lüftern nichts. Das recht komplexe Schaltnetzteil war im Fehlermodus und schaltete nach kurzem Anlauf immer wieder ab. Als dann auch ein Filterkondensator im Netzeingang "explodierte" war eine tiefergehende Reparatur angesagt.


    Nach Abnahme des Gehäuses trifft man auf einen extrem servicefreundlichen Aufbau: alle Platinen mit der Backplane, Netzteil und analog-Videoteil lassen sich hochklappen und fixieren, der Rechner ist nach wie vor betriebsbereit:


      


    Bilder: die Innereien von oben und Blick auf die CRT nach Hochklappen der Elektronik


    Die Filterkondensatoren waren schnell gewechselt, beim Netzteil musste ein durchgebrannter Thyristor gewechselt werden: er war Teil des Überspannungsschutzes und hat insofern versagt, als er zwar bei Überspannung auf der 24V-Leitung kurzschloß (um die Schmelzsicherung auszulösen), aber Leiterbahnwiderstände ließen die Sicherung "drin" und der Thyristor rauchte ab.

    Zur Überspannung auf der 24V-Leitung kam es, weil die daraus abgeleitete Versorgung (23V) für das Vidoteil wegen Kurzschluß durch eine weitere Sicherung abgeschaltet war. Also musste das Videoteil auch nochmal begutachtet werden.


    Im Horizontalverstärker hatte ein Leistungstransistor Kurzschluß. Nach dem Auswechseln war die Stromaufnahme des H-Teils im Rahmen, also alles wieder eingebaut und vorsichtig mit Regeltrafo hochgefahren, und voilá, mein Computer spricht mit mir !



    Dabei blinkte die Floppy-LED hektisch. Aus unserem Diskettenfundus eine Floppy mit dem Label "Kunden-Betriebssystem" eingelegt, sie wird gelesen und das Betriebssystem meldet sich.




    Das Betriebssystem heisst AMBOSS, ich habe noch keine Ahnung davon, aber mal probeweise "DIR" eingetippt, weil fast alle vernünftigen Betriebssysteme der Welt den Befehl kennen. Und es klappt:



    Jetzt muß ich mich mal in das BS und all die Programme einarbeiten, die wir haben. Wegen seiner Seltenheit und als Beispiel eines frühen professionellen Mikroprozessorsysems ist der Computer auf jeden Fall erhaltenswert. Und ich mag den bernsteinfarmenen Bildschirm !!


    Roland

  • Hallo Roland!


    Ich habe eine Frage zum Wiederanfahren des Computer bzw. des Netzteiles.

    Einfach nach der Rifa-Kur eingeschaltet oder irgendwie langsam angefahren?

    Ich bin mir nicht sicher, ob das bei einem Schaltnetzteil und Regeltrenntrafo davor funktionioeren würde.

    Mein Gerät war mindesten seit 30 Jahren nicht mehr unter Strom und bin mir wegen der Elkos nicht sicher..


    Gruß

    Axel


    PS. Mein Gerät ist ein Tandberg 2114. Nach den Fotos zu urteilen ist er bis auf den Floppycontroller komplett identisch.,

    Weitere Ausnahme : Die Tastatur ist kpl. anders.

  • Hallo Axel,


    wenn die RIFAs erneuert sind und auch alles andere auf den Netzteilboards ok aussieht (keine ausgelaufenen/aufgeblähten Elkos etc) nehme ich Netzteile alleine *ohne* Anschluß an die Computerelektronik in Betrieb. Dabei nutze ich einen einstellbaren Trenntrafo mit Stromanzeige. Man sieht dann ganz kurz den kurzen Stromstoß beim Einschalten (HV-Elko), beim Hochdrehen (da sollte nicht viel Strom fließen) gibt es dann den Punkt, wo das Netzteil primärseitig anspringt und Strom zieht. Das ganze durchfahre ich recht zügig, immer in Bereitschaft, bei Rauch/Knall sofort auszuschalten.


    Bei dem 6610er Netzteil ist zu beachten, dass die 5V und die 24V-Leitung eine Last sehen müssen, ansonsten schaltet das Netzteil wg. Überspannung nicht ein (siehe Bemerkung im Schaltplan).

    Ich prüfe dann natürlich alle Sekundärspannungen und messe auch den Ripple auf den Spannungen (das gibt einen Hinweis, ob Elkos etwas schwach geworden sind)


    Auf unserer technikum29-Webseite unter Siemens 6610 / Downloads ist der Schaltplan des 6610-Netzteils abgelegt (die 21 MB-Datei). Achtung: da liegt auch der Schaltplan des NTs der 6611, das ist anders aufgebaut !


    Viel Erfolg

    Roland

  • Eieiei...
    Schaltnetzteile sollte man das erste mal in Reihe mit einem ohmischen Stromverbraucher im Betrieb nehmen.

    Man kann im Vorfeld ein paar Sachen prüfen (Widerstand, Ladekurve Elko; Funktion MosFET/BrGleichrichter).


    Niemals ohne Last, das kann richtig fies ausgehen. Einfach ein paar Hochlastwiederstände dranklemmen und gut ist:


    Die 70ct... https://de.aliexpress.com/item/1005001506296875.html

    ::solder::Ich "darf" beruflich basteln...

  • Hallo!

    Danke für die Hinweise.

    Ich habe als Last für Schaltnetzteile meist KFZ-Glühbitnen mit entsprechender Leistung verwendet.

    Hatte aber bzgl. der (Be-) Schaltung dieses Netzteiles noch keine Unterlagen.

    Beim Gerät war nur noch eine einzige Diskette dabei. (Mit TOS 1.5 und Commercial Basic 1.4)


    Grüsse Axel

  • Wenn du bedenkst, dass der Einschaltstrom teilweise das 4-Fache sein kann, kann man das machen. Bevor die ausgestorben sind standen die Halogenlampen bei mir hoch im Kurs.

    1-2x 50W GU10 vor dem Netzteil und 10/20W MR16 am Ausgang

    ::solder::Ich "darf" beruflich basteln...

  • Die Methode mit Glühlampe primär in Reihe ist die Sparversion.

    Am Regel-Trenntrafo Spannung kontrolliert steigern ist die Profivarinate.

    Bringt dir nix, wenn der Primärelko sich plötzlich kurzschließt und es dir die Sicherung, den PTC und den BrGleichrichter hochjagt

    ::solder::Ich "darf" beruflich basteln...

  • .

    Beim Gerät war nur noch eine einzige Diskette dabei. (Mit TOS 1.5 und Commercial Basic 1.4)


    Grüsse Axel

    Hallo Axel,


    unsere 6110 läuft unter AMBOSS BS 1S Rev 4.09 D. Wenn die 6110 startet und keine Diskette eingelegt ist, erscheint "???????" auf dem Bildschirm. Wenn ich mich recht erinnere kommt man da mit einem bel. Tastendruck in den Monitor (im ROM). Aber evtl. ist deine Diskette ja startfähig und du bekommst einen Prompt vom Betriebssystem


    Roland

  • Nene, plötzlich. Kam hier schon häufiger vor: Netzteil läuft den ganzen Tag einwandfrei, plötzlich kommt Dampf aus dem Primärelko und ein Knall.

    ::solder::Ich "darf" beruflich basteln...

  • Nene, plötzlich. Kam hier schon häufiger vor: Netzteil läuft den ganzen Tag einwandfrei, plötzlich kommt Dampf aus dem Primärelko und ein Knall.

    Wir sprechen hier von einer vorsichtigen Inbetriebnahme und nicht darüber, was im regulären Betrieb passieren kann.

    Was im Endeffekt heißt: Wenn du es an dem Trenntrafo betreibst und die Spannung langsam hochdrehst bis zur Nennspannung kann es dann immer noch zum plötzlichen Kurzschluss und Schaden führen. Mit einem entsprechenden Vorwiderstand (notfalls 500W Halogen) machen auch spätere Kurzschlüsse kaum Probleme.

    ::solder::Ich "darf" beruflich basteln...

  • Hallo!


    Habe gerade versucht das Netzteil am Regeltrenntrafo anzufahren.

    Den +5V und den +24V Ausgang mit jeweils 10 Watt belastet. (Glühbirne an 24V und E-Motor an 5V)

    Ergebnis: Ab 110V startet das Netzteil, bei 130V ist die Ausgangsspannung/Leistung am höchsten/größten 5V = 4,75V und 24V =23V

    Eine weitere Erhöhung führt zu einer leicht absinkenden Ausgangsspannung/Leistung. Bei ca. 155V AC Eingangsspannung schaltet das

    Netzteil schlagartig weg. :grübel:

    Wenn das Netzteil eine 110/220V Umschaltung hätte, wäre könnte ich mir das erklären. Habe ich aber so nicht erkannt.

    Ideen?


    Gruß

    Axel

  • So ein Elektromotor ist aus vielen Gründen keine so tolle Idee.

    Erst prüfen, wie das Netzteil aktuell geschaltet ist. Bei 230V sind es 2 Elkos in Reihe. Bei 115V teilweise ein Spannungsverdoppler.

    Wenn du sicher bist, dass es fit für 230V ist:

    Mach mal sekundär 2x 5W dran und primärseitig 230V mit 50W Halogenglühbirne in Reihe anschließen.

    Gerade bei Schaltnetzteilen kann es komische Effekte geben, wenn die falsche Spannung anliegt.

    ::solder::Ich "darf" beruflich basteln...

  • Hallo!

    Ich hatte zuerst eine elektronische Last an der +5V angeschlossen und 2 Ohm Widerstand einprogrammiert.

    Das funktionierte, wenn ich die Spannung am Regeltrafo langsam erhöht habe. Wenn ich aber die Spannung

    mit dem Netzschalter am Trennftrafo eingeschaltet habe und zuvor die Ausgangsspannung schon im passenden

    Bereich stand, reagierte die elektronische Last wohl zu langsam und die Schutzschaltung im Netzteil griff ein und

    sperrte. In Ermangelung eines anderen Verbraucher habe ich einen großen Lüftermotor aus dem KFZ-Bereich benutzt.

    Der zieht bei 5 Volt 2A im Leerlauf.

    Für den ersten "Knalltest" habe ich eine 100 Watt Glühbirne in Reihe vorgeschaltet. Diese Vorrichtung

    habe ich noch aus der Zeit, wo ich alte Röhrenradios repariert habe. 100 Watt an dieser Stelle sind nicht viel und die

    Spannungsteilung macht sich schon deutlich bemerkbar. In diesem Fall kommt sogar nur die Hälfte der eingestellten

    Spannung an . Nach einer gewissen "Einlaufzeit" der Kondensatoren, habe ich diese dann wieder entfernt.

    Aber ich habe die Fehler gefunden.

    Ich habe irrtümlicher Weise die +23V für die Monitorversorgung belastet und nicht die +24V für die Diskettenlaufwerke.

    Danach funktionierte das Netzteil schon deutlich besser. ;)

    Der zweite Fehler an dieser Stelle waren die 10 Watt Belastung mittels Glühbirne . Das war zuwenig.

    Kurz vor voller Netzspannung kam es wieder zur Not-Abschaltung wegen Überspannung.

    Habe dann die Belastung auf knapp 30 Watt (ca. 1,5A) angehoben. Als schönen Nebeneffekt hat sich zeitgleich

    ist die +5V Sollspannung von 4,75 auf fixe 5,1V erhöht.

    Das Netzteil funktionier wie es soll und ist schon wieder eingebaut.

    (Man hätte im Schaltplan, neben den Hinweis auf eine Mindestbelastung, auch deren Höhe angeben können.)

    Resümee:

    1. Brauche ich eine Brille

    2. Muß ich mein Werkstattequipment in Bezug auf Netzteil-Testung besser ausstatten.


    Danke

    Axel

  • Ich habe auch eine elektronisch Last bis 800W, für solche Tests habe ich aber auch lieber ohmische Lasten wie die 100W Widerstände auf den oberen Angebot.

    Das ist ein übliches Verhalten, dass die 2. Sekundärspannung zu niedrig ist, wenn die Last auf der ersten zu niedrig ist. Gerade bei Retro-PCs auch im AT-Bereich ein Problem. Irgendein Forenmitgleid hat 2x 10 Ohm 5W an 5V dran bekommen, damit sein PC jetzt stabil läuft :D

    ::solder::Ich "darf" beruflich basteln...