Moin,
ich bin nicht oft hier, deshalb kenne ich die Gepflogenheiten nicht, deshalb hoffe ich, dass solche Threads okay sind.
Ich hab vor einer Weile einen MZ-731 in erbärmlichem Zustand erstanden und traue mich jetzt endlich ran, das Projekt anzugehen. Ich würde meinen Leidensweg gerne mit euch teilen.
Auf den ersten Blick sieht der MZ gar nicht so schlecht aus:
Das Gehäuse machte einen wirklich guten Eindruck, aber schon ein Blick auf die Rückseite ließ schlimmes erahnen:
Und ein Blick in den Kassettenrecorder hat mich auch nicht unbedingt optimistischer gestimmt:
Naja, hilft ja nix, also das Ding aufgeschraubt:
Sieht für mich fast so aus, als wäre der mal unter Wasser gewesen, vielleicht in einem vollgelaufenen Keller? Oder ist das alles nur Flugrost und Staub? Jedenfalls hat der Rost auch auf einige Teile auf dem CPU Board übergegriffen. Der Prozessor hat auch was abbekommen.
Meine Hoffnung ist, dass das alles nur oberflächlich ist und ich die meisten Teile weiterverwenden kann. Nachdem ich mir das Service Manual zu Gemüte geführt habe, ist mir klar geworden, dass fast alle ICs problemlos erhältlich sein dürften, falls sie kaputt sind. Die einzige Ausnahme bildet der CRT+Memory Controller. Das ist ein custom VLSI Chip und vermutlich nur durch Ausschlachten eines anderen MZ-700 zu ersetzen:
Sieht zwar auf dem Foto schlimm aus, aber ich hab dann das ganze Mainboard mal beherzt in die Dusche getragen um den gröbsten Dreck abzubekommen. Danach sieht man, das es eigentlich gar nicht sooooo schlimm ist. Der CRTC ist völlig unbehelligt von Korrosion oder sonstigen overflächlichen Problemen. Vielleicht kann das Projekt was werden.
Mein ursprünglicher Plan war, den CRTC zu entlöten und getrennt von allen anderen Bauteilen einzeln zu testen. Die Funktion ist zwar nicht exakt, aber doch recht genau im Servicehandbuch beschrieben. Ich war eigentlich davon überzeugt, dass ich ein paar Leitungen an die Pins anlöten und dann mit einem Arduino viele Funktionen durchtesten könnte. Dummerweise ist dieses Vorhaben am Entlöten des QFP gescheitert. Ich hab zwar an der Arbeit Zugriff auf SMD Heißluftstationen und alle möglichen Düsen, dummerweise keine passende für diesen Chiptyp.
Nach einigem Recherchieren bin ich dann auf Chip Quik SMD1 gestoßen. Ein "Lötzinn", das bei besonders niedrigen Temperaturen flüssig bleibt und es so erlauben soll, alle Pins gleichzeitig heiß genug zum Entlöten zu bekommen. Sah auch in der Theorie vielversprechend aus, Auch EEVBlog hat ein Video darüber gemacht und es empfohlen.
Ich hab mit also eine Packung aus England bestellt und heute, nach fast 4 Wochen Wartezeit, war es endlich im Briefkasten. Ich hab das ganze dann enthusiastisch ausprobiert, aber die Ernüchterung kam recht schnell. Das Zinn bleibt zwar tatsächlich ewig lange flüssig, aber ich habe wohl keinen guten thermischen Kontakt zwischen dem neuen und alten, oxidierten Zinn auf den Pads hinbekommen, oder irgendwas anderes ist schief gegangen, jedenfalls scheinen sich altes und neues Zinn nicht vermischt zu haben, und entsprechend konnte ich exakt keinen einzigen Pin damit entlöten. Und trotzdem sind 2/3 des Chip Quik Solders dabei draufgegangen. Das war eine teure Enttäuschung.
Ich hab zwar mit ordentlich Flussmittel und Entlötlitze den ganzen Schmodder wieder runterbekommen, aber jetzt mache ich mir Sorgen, dass der Controller womöglich zu viel Hitze abbekommen haben könnte. Eventuell hab ich das Projekt am ersten ernsthaften Tag bereits ruiniert - aber ich werde es erst in einigen Wochen wissen, wenn ich genug repariert habe, um den Rechner zum ersten Mal anzuschmeißen.
Mein Plan war eigentlich, nachdem ich den CRTC getestet habe, alle ICs, Verbinder und Vogelfutter vom Mainboard runterzulöten, das Board ordentlich sauber zu machen und dann alles von grund auf neu zusammenzubauen. Weil ich den IC aber nicht runterkriege, habe ich mich jetzt entschieden, etwas selektiver vorzugehen: Nur die Komponenten entfernen, die entweder selber komplett verrostet sind oder unter denen ich gründlich sauber machen muss.
Das hab ich dann auch heute gemacht:
Schlussendlich war gar nicht so viel zu entfernen. Elkos hab ich gleich mal mit entfernt, die werden nach über 40 Jahren vermutlich nicht mehr allzugut funktionieren. Beim Entlöten hab ich drei Pads in den am stärksten korrodierten Bereichen abgerissen, aber da kann ich was machen, denke ich.
Der Oszillator war auch von unten komplett verrostet. Ich hab ihn dann mal in mein Breadboard gesteckt und geguckt, was er tut:
Das ist zwar der schönste Takt, den ich je gesehen habe, aber das dürfte funktionieren, schätze ich. Das ist gut, weil ich nirgends einen neuen 17.7344MHz Oszillator mit 5V finden konnte. Ich hatte schon Sorge, ich müsste mir einen modernen XO nehmen, mittels LDO die Versorgungsspannung auf 3.3V drücken und dann den Takt mittels Transistor wieder auf 5V anheben. Das rangiert am äußersten Rand meiner analogen Elektronikkünste und ich bin froh, dass ich das voraussichtlich nicht tun muss.
So, das ist der Stand von heute. Werde mich morgen ransetzen und gucken, was ich eventuell an Kleinkram bestellen muss.
Habt ihr irgendwelche Tipps, wie ich mit dem Rost umgehen soll? Ein großer Teil scheint nur oberflächlich zu sein und ich hab ihn mit Alkohol und rubbeln wegbekommen. Aber an einigen Stellen scheint er sich in das Kupfer gefressen zu haben (keine Ahnung wie das geht). Ich hab vor einiger Zeit mal Zitronensäure gekauft, ich dachte, ich könnte das mal ausprobieren. Ansonsten hab ich Rostentferner (traue mich aber nicht, den auf der Platine auszuprobieren) oder könnte weißen Essig nehmen, damit hatte ich zumindest mit Batterieseuche gute Erfolge. Bin an der Stelle aber sehr offen für Ratschläge.
Das war's erstmal für heute. Wie gesagt, ich hoffe, solche Threads sind hier erlaubt, ansonten könnt ihr den einfach löschen