Mein Testbericht: Entlötstation ZD-915

  • Heute habe ich die Entlötstation, die ich praktisch neuwertig für 65 Euro von PeterSieg gekauft habe, aus dem Paketshop abgeholt.

    Natürlich wollte ich gleich wissen, wie gut das Teil ist.


    Erstes Testobjekt: einen Chip auslöten von einer auszuschlachtenden Cirrus VLB-Grafikkarte. Ohne grosse Massebahnen, dafür mit grossen Bohrlöchern. Also einfacher Schwierigkeitsgrad.

    Ging einigermassen einfach bei 340 Grad, musste drei, vier Pins nochmal verzinnen, da das Lot nicht vollständig ausgesaugt wurde. Dann fiel der Chip einfach raus beim letzten Loch.



    Als nächstes Testobjekt ein Macintosh IIsi Mainboard, das nicht starten wollte.

    Dort wollte ich die Quarzoszillatoren rausholen.

    Das gelang mir mit viel Mühe nur mit einem der Oszillatoren.

    Die Entlötstation schaffte es selbst bei 440 Grad nicht, bei den anderen Oszillatoren alles Zinn auszusaugen, wegen der riesigen Masseflächen.

    Diese habe ich dann mit dem Ersa TE 40 bei 29V 2A mit Hilfe eines Schraubendrehers rausgehebelt, geht ratzfatz, beide Pins auf einer Schmalseite warmmachen und dann hebeln.

    Das Entfernen der Lotreste von den Pins ging wunderbar einfach mit der Entlötstation.



    Beim nächsten Test versagte die Entlötstation ebenfalls.

    Die Aufgabe war, die Elkos von einer AGP-Grafikkarte mit Speicherfehler auszuschlachten.

    Die grossen Massebahnen verhinderten dies auch hier. So mussten diese ebenfalls mit dem TE 40 auf 60W rausgezogen werden.

    Auch hier war die Entlötstation lediglich beim Entfernen der Lotreste von Nutzen.



    Nächste Übung war, den Quarzoszillator von einer Mac PowerPC CPU-Karte zu entfernen. (Der Mac wollte nicht starten, deshalb die Schlachtung)

    Hier war alles von Massefläche umgeben, so dass der Entlötstation kaum gelang, das Zinn auch nur oberflächlich zu verflüssigen.

    So wurde auch das Teil mit TE 40 und Schraubendreher rausgehebelt. War eine ziemliche Braterei, da die Platte alle Wärme wegzog, der Oszillator wurde bei der Aktion nicht mal heiss.


     


    Nachdem ich nun ein wenig Gefühl für den Entlöter bekommen hatte, wollte ich an einem SiS-Mobo den Clockgen-Chip rausholen, damit ich mit meinem gebastelten Oszillator testen kann, wie niedrig getaktet das Board läuft.



    Hier zeigte sich, dass 440 Grad zu warm war (Chip wurde spürbar warm). Bei 340 Grad blieb das halbe Zinn im Loch, bei 380 wars etwas besser.

    Um das Flussverhalten zu verbessern, bestreute ich den Lötbereich mit ein wenig Kolophonium.



    Das half entscheidend. Allerdings blieb auf der Bestückungsseite noch minimal Lötzinn dran.



    Hier begriff ich, dass man mit diesem Entlöter anders arbeiten muss als mit einem industriellen Gobbler, wie ich sie aus der Prüffeldarbeit gewöhnt war.

    Also z.B. 250 Watt Ersa, mit Vakuum von der hauseigenen Druckluftanlage. Mit diesen Dingern arbeitet man taktaktak, Löcher im Sekundentakt und nach dem letzten Loch fällt der Chip raus.

    Mit dem Z-915 dagegen muss man ein paar Sekunden anheizen - je nach Platte muss man da bis zu acht zählen, und dann muss man zwei, drei Sekunden saugen. Und dann ist so wenig Zinn übrig, dass man die Beinchen mit Flachzange leicht lockern und den Chip rausnehmen kann.



    Wenn man genau hinschaut, sieht man das übriggebliebene Zinn an der Kontaktfläche Chip-Durchkontaktierung. Es ist aber so wenig, dass das Lockern mit der Flachzange die Durchkontaktierung nicht beschädigt.


    Ich bezweifle, dass das ohne grosse Kolophoniumsauerei gelungen wäre:



    Aber wozu gibts Wattestäbchen und IPA...


    (Fortsetzung nächster Post wg. max 10 Fotos/Post)

  • Nach dem Putzen sieht das ganz ordentlich aus:


     



    Fazit:

    Bei dem Preis war mir schon klar, dass man seine Erwartungen begrenzen muss.


    Der Entlöter hat anders als eine professionelle Maschine keinen schweren grossen Kolben mit hoher Wärmekapazität und schnellem Wärmenachschub, welcher die Lötstelle in weniger als einer Sekunde auf Temperatur bringen kann.

    Daher muss man vergleichsweise lange braten, um genügend Wärme ins Objekt zu bekommen.


    Die Vakuumleistung ist sehr schwach. Wenn man ein wenig Lötdraht an die Spitze bringt, dauert es mehrere Sekunden, bis die Spitze wieder frei ist!

    Von "Gobbler", der mit einem gut hörbaren "Bopp" einen grossen Batzen wegschluckt, kann nicht die Rede sein.

    Mit dem Ding muss man einige Sekunden mit einem leisen "Brrrrrrrrrrrrr" saugen.


    Aber es reicht, um gewöhnliche ICs auszulöten, ohne dass diese mehr als handwarm werden.

    Die Platine wird auch nicht übermässig warm, so dass keine Leiterbahnschäden entstehen (zumindest bei modernem Material).


    In jedem Falle besser als diese Kombi:



    Und darauf kam es mir an.

    65 Euro ist das Ding auf jeden Fall wert!

    Ich bin zufrieden.


    Aber ich würde mich trotzdem freuen, wenn Andere über ihre Erfahrungen mit ähnlichen Low-cost-Entlötern berichte; vielleicht gibt es ja noch brauchbarere in dieser Preisklasse.

  • Die ZD-915 hat mich bislang nie im Stich gelassen und ich bin Volllaie. Wenn , dann war sie verstopft. Grundsätzlich wärme ich Platinen, gerade mit viel Metall, mit einem heißen Fön vor. Und ich streiche die Lötpunkte meist mit Felder Lötwasser ein. Nachverzinnen muss ich so gut wie nie, wenn dann war mein Erstversuch einfach nur ungeschickt oder die Zinnmenge original sowieso zu gering.

    • Offizieller Beitrag

    Der kombinierte Einsatz von Heißluftfön und Entlötpistole macht alles möglich! Das schont Nerven und die Platine!



    http://www.wolfgangrobel.de/f3/gunlock.htm

  • Mache ich auch so, Heißluft und ZD-915 kommt immer nur zusammen zum Einsatz, sobald es Masse-/Versorgungsspannungsflächen gibt.


    6502 was ist denn mit dem IIsi Board? Bevor das auf den Müll wandert würde ich das auch ohne die Quarze nehmen.

  • Schöner Bericht. Da warst du aber fleißig noch gestern Abend.

    Ich habe es auch immer so gemacht:

    340-400 Grad

    3-5 sek. Auf Lötstelle halten.

    Manchmal dabei etwas um Lötstelle ‚kreisen‘, bis Zinn ganz flüssig ist.

    Dann 2-3s absaugen.

    Wenn alle Pins abgesaugt sind, Platine umdrehen.

    Manchmal fällt IC dann schon raus.

    Sonst Pin für Pin nachkontrollieren und ggf.

    Mit hin und verbiegen lösen.


    Ein Vergleich mit Profiwerkzeug hatte ich

    leider nie.


    Peter

    github.com/petersieg

  • Der kombinierte Einsatz von Heißluftfön und Entlötpistole macht alles möglich! Das schont Nerven und die Platine!



    http://www.wolfgangrobel.de/f3/gunlock.htm

    Das Ersateil habe ich auch, allerdings ist die Ansteuerung nicht von ERSA sondern wurde damals bei uns in der Berufsausbildung als ein Bauprojekt im 19" Format selbst hergestellt. Das wurde damals als Dualstation realisiert, sprich daran lassen sich gleichzeitig zwei Kolben anschließen (getrennt einschalt und regelbar) einer zum löten und einer zum entlöten. Ich bin mit dem Ding immer noch zufrieden... das mit der Heißluft ist ein guter Tipp.

    Gruß Torsten

    BFZ MFA, ZX80Core, AX81, ZX81, ZX81NU, Spectrum+, Harlequin, MSX VG8010, Amstrad NC100, Cambridge Z88, C64, C128D, Amiga 500 & 1200, Atari Portfolio, HP200LX, IBM PC5155, TP755c, TP755cx, T20, T41, T61, PS/2 (Model 40SX), PS/2E, Accura 101, Apple //e, Sharp PC1401 & PC1403H, TI59 m. PC-100c, HP48SX & HP48GX


    An die Person, die meine Schuhe versteckt hat, während ich auf der Hüpfburg war: Werd' erwachsen! :motz:


    ::matrix::

  • Testbericht - Update

    (Vermutlich) Leistungssteigernde Modifikation


    Die Entlötstation hatte zwischenzeitlich mehrfach Probleme gemacht.


    Die Entlötspitze war innen nicht ganz rund. Sie verstopfte sehr bald nach dem obigen Testbericht. Was da war, keine Ahnung. Da liess sich - auch im heissen Zustand - nicht mal mehr eine Nadel reinschieben.

    So habe ich sie ausgebohrt mit einem 1.2mm HSS-Bohrer und soweit möglich das Rohr innen geglättet.


    Dann ging das Ding wieder ein Weilchen, bis wieder Totalverstopfung.

    Diesmal nicht die Spitze, sondern das Heizrohr. Und das im hinteren unbeheizten Bereich.



    Das zu fixen ging nur mit separatem Lötkolben und Saugpumpe.

    Ursache war offenbar, dass Zinn bereits bei Eintreten ins Glasrohr erstarrte und Verstopfung verursachte.


    Nach einigem Überlegen habe ich dann beschlossen, eine kleine Modifikation zu machen, damit das Zinn nicht mehr in tausend Stückchen im Rohr rumfliegt, sondern möglichst fest gesammelt wird.


    Mich verwunderte, warum da kein Loch in der Scheibe drin ist, welche die Feder andrückt.

    Der grösste Teil des Filters wird so nicht genutzt.



    So habe ich erstmal als Quickfix eine ungefähr passende Scheibe aus meinem M-Magazin entnommen und als Ersatz verwendet.



    Bin sehr zufrieden.

    Die Saugleistung ist spürbar besser geworden.


    Habe in der letzten Woche viel entlötet, und fast alles Material wurde fest aufgenommen.



    Und der saubere Filter zeigt, es kommt auch kein Dreck in die Maschine.



    • Offizieller Beitrag

    Ich habe, damit der Filter nicht so schnell verschmutzt, eiwas von der Metallwolle meines Lötkolbenabstreifers mit in das Röhrchen gepackt. Das angesaugte Lötzinn verfestigt sich größtenteils daran, und kommt nicht direkt bis zum Filter durch.

    Die Idee mit der Scheibe, die eine größere Fläche des Filters frei lässt, scheint mir plausibel. Das werde ich auch mal ausprobieren.

  • Toast_r

    Klasse Idee!

    Das würde der Filterlebensdauer guttun und vielleicht noch wichtiger, sowohl den Filter freihalten als auch den Anteil des lose herumfliegenden Lotgespritzes nochmals senken!

    Ich kenne nur dieses gelbe Schwämmchen, was ist denn das für eine Art Metallwolle?

    Wie ist die Handelsbezeichnung?

  • Hi


    Also ich habe bzgl. Entlöten von Bauteilen es schon einmal mit Entlötlitze versucht, aber die ist bei mir komplett durchgefallen. Alles was ich bisher entlötet habe, habe ich mittels meines Lötkolben und der folgenden Entlötpumpe durchgeführt:


    Entlötpumpe Soldapult DS 017 Deluxe Antistatisch


    Als Veranschaulichung hier ein paar Bilder, wo ich einen DALLAS Chip von Board entfernt habe:





    Oder hier habe ich einen DIN-Anschluss entfernt, welcher durch die benachbarte Batterie in Mitleidenschaft gezogen wurde:



    Hierbei musste ich feststellen, dass das Lötzin durch den aus der Batterie ausgetretenen Inhalt seine chemische EIgenschaft dahingehen veränderte, dass der Schmelzpunkt nun deutlich höher lag, als dies normalerweise der Fall ist.


    -

    Grüsse

    Sven