Spectral Neuauflage - (theoretische) Lizenzdiskussion

  • Zum Spectral Nachbau:

    Hmm.. Ich habe da keine wirkliche Info zu einer Lizenz gefunden..? Somit: weiß nicht?

    Es gibt im Impressum eine paar allgemeine Hinweise. Aber wie der Spectral Nachbau dazu einzuordnen wäre..?


    Besser wäre es einer der heute gebräuchlichen Lizenzen explizit zu nennen!


    LG Peter

    github.com/petersieg

    • Offizieller Beitrag

    Der Spectral ist ein interessantes Beispiel für eine ziemlich unklare Lizenzlage - Zumindest bezüglich der Hardware.

    Bei den ROMs ist die Sache eindeutig, die wurden einfach von Sinclair kopiert.

    Und die Hardware?

    Nach meinem Verständnis verletzt der ursprüngliche Spectral von Hübner Elektronik (12/1988) die Urheberrechte von Sinclair.

    Die Schaltung ist zwar nicht identisch, das aber wohl nur, um die in der DDR nicht verfügbaren Bauteile zu ersetzen.

    Nichts desto trotz fällt der Spectral unter das Urheberrecht von Hübner Elektronik.

    Und dann gibt es noch die Gerberdateien von 2013.

    Die hat der Ersteller zwar selbst veröffentlicht, aber offenbar unter keine freie Lizenz gestellt.

    Somit greift sein Urheberrecht da auch noch, obwohl er keinen Gebrauch davon macht.

  • Na ja, frei genug im Rahmen des hier Nötigen sollte es doch eigentlich sein, oder ? Die Firma hat ja anscheinend zugestimmt und Sinclair wird wohl auch nichts mehr dagegen haben, wenn jemand im Jahr 2021 privat einen nachgebauten ZX Nachbau nachbaut.

    Was halt vermutlich nicht geht, daß jemand die in größerer Zahl herstellt und verkauft. Aber das würde vermutlich doch sowieso niemand in der Form da machen ( viele RAMs, komische Schnittstellen im internationalen Einheitensystem wo man doch sonst eigentlich Zoll benutzt usf. ).


    Ich finde ja die Version mit dem durchsichtigen Gehäuse und der Quadrattasten Tastatur spannend. Einfach schon rein optisch. Die krassen Metallwinkel unter dem Pexiglas und dazu die Normalschrauben - das hat schon einen eigenen Style. Ebenso diese beiden Taster an der Platine, die man wahrscheinlich auch noch mit einem Glühbirnchen beleuchten kann. :)

    -- 1982 gab es keinen Raspberry Pi , aber Pi und Raspberries

  • Sowohl von den orginalen Spektral, wie auch die von Ulli erstellten Nachbauten gibt es nicht sehr viele. Das der ROM direkt von Sinclair ist, und nicht von den späteren Amstrad, ist eher der Beschaffungskriminalität geschuldet. Zumal es reichlich Spectrum-Nachbauten in der DDR gab, weil man sich seiner Sache eben sicher war. Hübner hat das Projekt meines Wissens freigegeben...


    Der Spektral kann sowohl als 48k wie auch als 128 aufgebaut werden.

  • Also "Beschaffungskriminalität" ist da vielleicht ein bißchen krass formuliert. Ich denke eher, daß auch einfach die Wertigkeit von Software da eine ganz andere war als heutzutage. Wahescheinlich hätte man eher das Kopieren der Hardware als problematisch gesehen, aber, daß da dann jemand eben noch die dreieinhalb Routinen obendrauf legt, war sicher in der - auch betrieblichen - Wahrnehmnung eher nicht ein ganz großes Problem.

    Ich habe zum Beispiel auch noch nie was davon gehört, daß es bei tatsächlich eigener Software irgendwelche Beschwerden gegeben hat, wenn die jemand im kleinen Rahmen als Kopie benutzt hat (Texor oder sowas). Wird vermutlich was anderes gewesen sein, wenn es um "Wirtschaft" ging, da wurde sicherlich erwartet, daß die das kaufen.


    Zum Lizenzproblematischen generell: evtl. wäre es ja eine schöne und einfache Lösung, wenn man da ein paar Smileys, oder eine extra Smiley Abteilung, hat, womit man Sachen dann z.B. als GPLfree oder BSDfree oder CreativeCommon oder auch als LizenzUnklar markieren kann.

    Das ließe sich dann nämlich auch bei verlinkter Software etc. danebenstellen und wäre eine interessante Zusatzinfo, gerade auch für Leute, die evtl. auf der Suche nach was Suchen, was man direkt nutzen kann außerhalb des privaten Rahmens.

    -- 1982 gab es keinen Raspberry Pi , aber Pi und Raspberries

  • Also unter der Voraussetzung, dass ich die hier geltende Rechtslage richtig verstanden habe, ist die Situation folgende:


    Elektrische Schaltungen dürften regelmäßig Lösung eines technischen Problems und nicht Kunstwerk im engeren Sinne sein.

    Damit scheidet hier das Urheberrecht bei der Schaltung aus. Eventuell vorhandene Patente laufen praktischerweise nach 20 Jahren aus.

    Ein Originalschaltplan ist aber eine technische Zeichnung und damit urheberrechtlich geschützt.


    Damit sind wir dann auch bei der Platine.

    Die Layout-Zeichnung ist wieder als technische Zeichnung urheberrechtlich geschützt. Der Gegenstand der Zeichnung eigentlich nicht.

    Ob bei einer zweidimensionalen gedruckten Schaltung die fertige Platine jetzt aber ein Maschinenteil oder eine Kopie der Zeichnung auf ungewöhnlichem Material ist, ist wahrscheinlich zu einem gewissen Grad Auslegungssache.

    Man könnte hier schlüssig argumentieren, dass man ohne Kenntnis der ursprünglichen Zeichnung aus dem „Maschinenteil“ eine neue, unabhängig urheberrechtlich geschützte Zeichnung ableiten kann, mit der sich das „Maschinenteil“ identisch nachbauen lässt, wenn man von PCB-Artwork und Markenrechten einmal absieht.

    In den hier vorliegenden Fällen dürfte das wohl niemand anfechten.

    Meines Erachtens stammen Copyright-Symbole auf Platinen aus einer anderen Rechtsordnung, einer anderen Zeit, von Leuten, die es einfach mal drauf geschrieben haben, oder einer beliebigen Kombination daraus.


    Geschmacks- oder Gebrauchsmuster auf Gebrauchsgegenstände wie Computergehäuse laufen nach 25 Jahren ab, sofern es sie im konkreten Fall denn überhaupt gab. Hier sollten also keine Probleme lauern.

    Marken bestehen solange sie eingetragen oder in Gebrauch sind, also prinzipiell ewig.

    Das ist aber wohl kaum ein technisches Problem. Anderen Namen suchen – fertig.


    Wenn ich als Kind eines geeinten Deutschlands nicht völlig auf dem Holzweg bin, konnten die DDR-Ingenieure die Software so dreist kopieren, weil sie pragmatisch als eine große mathematische Formel angesehen wurde, die keinen urheberrechtlichen Schutz genießt.

    Diesen Luxus haben wir bei den Nachbauprojekten formell nicht.

    Auch wenn sich im Zweifel niemand drum schert, sollte man also die ROM-Inhalte im Zweifel aus den Veröffentlichungen raus halten und die Beschaffung kompatibler ROMs den Leuten selbst überlassen.

    Ausnahme sind Font-ROMs, weil Schriftarten bei uns nicht urheberrechtlich geschützt sind, sofern es sich nicht um Vektorschriftarten handelt, die wiederum als Computerprogramm gelten und somit urheberrechtlich geschützt sind.


    Wie leicht zu erkennen ist, ist die Sache etwas unübersichtlich, man kann sich da aber durchwuseln.

  • Hmm. Alles interessant. Aber es gibt heute einige, etablierte Open Source und Open Hardware Lizenzen und solange ein Werk nicht explizit einer davon zugeordnet ist/wird, ist es für mich eben nicht Open Source / Open Hardware. Das mögen aber andere auch anders sehen.


    Also nur just my 2 Cents.


    VG Peter

    github.com/petersieg

  • Der springende Punkt ist hier, dass die Fertigungsdateien ziemlich sicher urheberrechtlich geschützt sind, auch wenn der gefertigte Gegenstand nicht von Urheberrecht erfasst wird.

    Die Open-Hardware-Lizenz ist also eher für die Fertigungsdateien, sofern sie nicht eventuelle Patentlizenzen für das fertige Produkt einschließt.


    Weil aber ein Stück Hardware, dessen Fertigungsdateien man nicht kriegt, kaum komfortabel nachgebaut werden kann, läuft das meist aufs gleiche hinaus.

    • Offizieller Beitrag

    Der springende Punkt ist hier, dass die Fertigungsdateien ziemlich sicher urheberrechtlich geschützt sind, auch wenn der gefertigte Gegenstand nicht von Urheberrecht erfasst wird.

    Warum soll der Gegenstand nicht dem Urheberrecht unterliegen?


    Vergleichsbeispiel:

    Wenn ich mit einem alten Fotoapparat ein Bild mache belichte ich ein Negativ. Deiner Auffassung waere der Abzug ohne Urheberrecht.


    Oder:

    Wenn fuer die Firma D* eine Designerhandtasche designt wird, sind die (Original-)Kopien geschuetzt. Plagiate werden verfolgt.



    Aber ich bin kein Jurist und wie du schon sagtest "alles unübersichtlich".


    BTW: Wenn wir hier von Urheberrecht sprechen, meinen wir (hoffentlich) ein Gemisch aus Urheber- und Verwertungsrecht. Stimmt's?



    weil Schriftarten bei uns nicht urheberrechtlich geschützt sind, sofern es sich nicht um Vektorschriftarten handelt, die wiederum als Computerprogramm gelten und somit urheberrechtlich geschützt sind.

    Wo hast du das her?

    Ich meine jetzt nicht die CharacterROMs auf alten Grafikkarten.

    Das Vektorschriften (TTF etc) geschuetzt sind ist klar.


    Konkretes Beispiel:

    Ich nehme die FreeType Bibliothek und render Zeichen in den Speicher. Darf ich dann die erzeugten Bitmaps ohne Probleme benutzen?

  • Warum soll der Gegenstand nicht dem Urheberrecht unterliegen?


    Vergleichsbeispiel:

    Wenn ich mit einem alten Fotoapparat ein Bild mache belichte ich ein Negativ. Deiner Auffassung waere der Abzug ohne Urheberrecht.

    Weil schlicht und ergreifend nicht alles vom Urheberrecht geregelt wird.

    Die Verwendung deines Fotos wird vom Urheberrecht geregelt, weil das Risiko besteht, dass du dir bei Motivwahl und Komposition etwas gedacht haben könntest.

    Gleiches gilt für eine Zeichnung und eben eine technische Zeichnung.

    Du wirst aber niemanden davon abhalten können, unabhängig den gleichen (Kabel-)Baum zu fotografieren oder zu zeichnen.

    Es darf nur nicht deine künstlerische Komposition und Inszenierung der Motive mit kopiert werden.

    Urheberrechtliche Ansprüche setzen darüber hinaus natürlich voraus, dass es überhaupt einen Urheber gibt.

    Ist die technische Zeichnung komplett autogeneriert oder ist dir der Fotoapparat heruntergefallen und hat beim Aufprall ein Foto von deinen Füßen gemacht, dann gibt es den nicht.


    Wichtig ist daher auch die Unterscheidung zwischen Handwerk und Kunstwerk:

    Die Elektroinstallation im Haus ist beispielsweise kein Kunstwerk, sondern Handwerk. Die darf jeder Elektriker kopieren.

    Genau diesen Fall vermute ich bei der Platine: Der Layouter platziert und verdrahtet die Komponenten in zweckmäßiger Weise und versucht dabei handwerklich sauber vorzugehen. Ein künstlerischer Anspruch besteht meist nicht.

    Zusätzliche „Kunstwerke“ auf dem Bestückungsdruck sind technisch irrelevant und können weggelassen werden.

    Oder:

    Wenn fuer die Firma D* eine Designerhandtasche designt wird, sind die (Original-)Kopien geschuetzt. Plagiate werden verfolgt.

    Das ist ein sehr interessantes Beispiel. Handtaschen sind nämlich eigentlich Gebrauchsgegenstände.

    Bei einer gewöhnlichen Handtasche könnte man sich also allenfalls die Form bzw. den Schnitt schützen lassen, sofern die irgendwie neu sind. Das wäre dann wahrscheinlich ein Geschmacksmuster.

    Einen innovativen Verschluss könnte man zum Patent anmelden.

    Eine Designerhandtasche ist aber eventuell eher als Schmuckstück zu verstehen. Die kunstvollen Verzierungen inklusive perfekt abgestimmter Farb- und Materialkomposition gelten dann sehr wahrscheinlich als urheberrechtlich schutzwürdig.

    Gut, dass du fragst! Da hatte ich tatsächlich etwas verrührt.


    Die explizite Ausnahme für Schriftarten ist anscheinend aus dem US-Recht. In Deutschland ist das eher wie bei der Handtasche.

    Eine Schriftart, die „normal“ aussehen soll, ist eher nicht urheberrechtlich geschützt, weil sie ja bewusst auf Kreativität verzichtet.

    Eine spezielle Schmuck-, Zier- oder Logoschriftart wahrscheinlich schon, sofern ihre visuellen Besonderheiten irgendwie „neu“ sind.

    Hat der Ersteller sich bemüht, die Buchstabenform zumindest etwas zu individualisieren, sind wir ggf. wieder beim Geschmacksmuster.

    Der Name der Schriftart kann darüber hinaus eine Marke sein.


    Das mit dem Schutz von Vektorschriftarten als Computerprogramm ist offenbar auch eher ein „kann“ als ein „muss“, weil Truetype-Schriftarten Hinting-Programme enthalten können, die zumindest theoretisch handgeschrieben sein könnten.

    Ist das nicht der Fall, fällt das weg.

    Weil aber die konkreten Dateien eventuell als urheberrechtlich geschützt angesehen werden könnten, muss man möglicherweise abmalen, bzw. Bitmaps rendern.

    Aus dem Grund sind dann auch Font-ROMs unproblematischer. Da steckt nämlich nichts weiter drin. Nur die Bilder der Zeichen selbst.

    Daraus leitet sich ab, dass Jahrzehnte alte auf Lesbarkeit optimierte Pixelschriftarten in ROMs in keiner Weise geschützt sind, weshalb sie von Emulatoren auch meist mitgeliefert werden.


    Im Zweifel gibt's für die Thematik Anwälte mit Fachgebiet Immaterialgüterrecht. Meiner oberflächlich informierten Laienmeinung solltest du nur bedingt vertrauen.

  • Hier noch ein Spectrum-Nachbau:

    Spektral Super Plus


    Dieser Spectrum-Nachbau, welcher auf dem Spectrum 48K basiert, wird in den Schaltungssammlung 5. Lieferung 1989 als International Kompatibler Kleinrechner vorgestellt.


    Technische Daten:


    64K dynamischer RAM

    16K ROM

    256x192 Pixel in "Hires-Mode", aufgrund des Schaltungskonzept keine Helligkeitsänderung und Blinken.

    Takt 3.5 Mhz, effektiv 2.1 Mhz. Etwa 25% langsamer als das Original.

    Taktverdoppelung bei entsprechend schnellen Bauteilen möglich, über OUT-Befehl einschaltbar

    max. 9999 Zeilen möglich

    Spectrum 48K-Basic mit einigen Besonderheiten

    NMI, also Warmstart

    Reset auch über OUT-Befehl


    Vermutlich wird der Prototyp nicht überlebt haben. Der Bauplan dafür aber auf einer Webseite. Dieser kann aber auch von Autor dieses Artikels als PDF bezogen werden. Allerdings ohne Technischen Support. Dem Autoren ist beim Überfliegen des Schaltplans zumindest ein Fehler aufgefallen.


    Kleiner geschichtlicher Hintergrund zum Spectrum ULA


    Dieser Kleincomputer ist hinsichtlich der Hardware minimal ausgestattet worden. Sir Sinclair wollte so billig wie möglich produzieren. Das bedingte eine Endwicklung eines Custom-Chip, der ULA. Dieser übernimmt ein großteil der anfallenden Aufgaben im Rechner selber. Sinclair griff nicht in die Z80-Teilekiste, er begnügte sich mit der damals schon schnellen Z80-CPU.

    Diese ULA mußte mangels der selben in Spectrumnachbauten aus der ehemaligen DDR mit diskreten TTL-Schaltkreisen nachgebaut werden. Wie es in der UdSSR aussah ist nicht bekannt.

    Das bedingt eine teilweise vorhandene Kompatibilität dieser Nachbauten zu ihrem Original. Ingenieurtechnisch aber eine Meisterleistung, nur durch Analyse hinter die Schaltungsstruktur der ULA zu kommen.


    Wie steht es damit?

    • Offizieller Beitrag

    Im Zweifel gibt's für die Thematik Anwälte mit Fachgebiet Immaterialgüterrecht. Meiner oberflächlich informierten Laienmeinung solltest du nur bedingt vertrauen.

    Fragst du 2 Anwaelte, hast du 4 Meinungen. ;)


    Ich find deine Argumentation sehr gut. :thumbup:

    Hast du mit Urheberrecht etc oefters oder beruflich zu tun?

  • Zu der vorangegangenen Diskussion zum rechtlichen Status von Platinenlayouts habe ich jetzt einen schönen Übersichtsartikel gefunden:


    In „Protecting Layout Designs on Printed Circuit Boards in China and Some Key Industrial Countries - New Regulatory Regime from a Law and Economics Perspective“, veröffentlicht in „Journal of Intellectual Property Rights Vol 18, September 2013, pp 419-438“, kommt Autor*in Wei Shen zu dem Schluss, dass Platinenlayouts in führenden Industrienationen praktisch nicht geschützt sind und argumentiert für die Einführung eines separaten Schutzrechts.


    Ich fand den Artikel ganz interessant.


    Link: http://nopr.niscair.res.in/bit…2018%285%29%20419-438.pdf