Amiga 600 HD

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    Heute will ich mal von meiner Reparatur eines Amiga 600 HD berichten, den ich von einem freundlichen Spender zugeschickt bekommen habe. Das Gerät sah auf den ersten Blick sehr gut aus, wenn auch extrem verstaubt. Da weder Netzteil noch Videokabel dabei waren und ich sowas erst in der Bucht bestellen musste, hab ich mich erst mal an die Restauration gemacht...



    Sogar die Festplatte ist mit verbaut - echt schnuckelig. Commodore hat bei diesem Modell extrem gespart, alles nur noch trickreich gesteckte Bleche, nicht mehr gesockelt...


    Das Diskettenlaufwerk benötigte auch dringend eine Grundreinigung...


    Und ein näherer Blick auf die Platine enthüllte beginnende Inkontinenz der SMD Elkos - sieht erst mal nicht schlimm aus...

    • Offizieller Beitrag

    Diese Elkos korrodieren aufgrund einer fehlerhaften Elektrolyt-Mixtur selbst und pissen dann alles um sich rum mit ätzender Flüssigkeit voll. Der Prozess ist schleichend, meistens merkt man es erst, wenn das Gerät plötzlich defekt ist. Zu erkennen ist diese Inkontinenz an grau matt verfärbten Lötstellen! Zinn reagiert als Erstes auf den Siff und verwandelt sich in eine grauschwarze, nichtleitende, krümelige Masse.


    Die betroffenen Lötstellen müssen unbedingt gereinigt und neu verzinnt werden! Man sieht das oft nicht, weil das wahre Drama zwischen Pin und Pad liegt...


    Hier wurde es rechtzeitig endeckt! Die Pins sind noch nicht angegriffen, die Pads sind auch noch nicht angefressen, ebenso die umliegenden Leiterbahnen... Ein Elko kann um sich herum im Bereich von mehreren Zentimetern die Platine vernichten, da reicht ein hauchdünner Elektrolytfilm.

    Hier reichte putzen und verzinnen:


    Vor dem Einlöten sollte man die Beinchen mit Glasfaserstift und Lötkolben sauber verzinnen!

    • Offizieller Beitrag

    Soweit erst mal zur Sektion Power-On-Reset... Im Bereich Netzteil/PAL-Video sitzen ungleich mehr von diesen Mistdingern - und es sieht auch schlimmer aus.


    Der Kondensator hat sich schon selbsttätig abgelötet... Der Mist ist hier: man kommt an nichts richtig ran. Es hilft nur der temperaturgeregelte Heißluftfön. Der Festplattenstecker ist recht hitzeempfindlich, den sollte man vorher mit Alufolie abdecken, hab ich hier vergessen, war ja auch mein erstes Mal...


    Das ist die Ausbeute:


    Und sauber geputzt sieht es dann so aus:


    Die zwei Kondensatoren an den Cinch-Buchsen sind fies, die bekommt man nur mit einem Trick raus: mit der Lötkolbenspitze so lange auf den Deckel drücken, bis der Kunststoff so weich wird, dass man den Becher einfach nach oben abziehen kann. Die dann frei stehenden Anschlüsse samt Plastiktellerchen lassen sich dann einzeln ablöten.

    • Offizieller Beitrag

    In SMD bekommt man die aber nie wieder eingelötet, da tut es dann auch die bedrahtete Variante!


    Dann noch den Video-Chip putzen und verlöten und die Löcher der beiden bedrahteten Elkos mit dem Entlötsauger frei machen...


    Jetzt warte ich auf die Lieferung der neuen SMD-Elkos aus der Bucht und das Netzteil und das Videokabel... Stay tuned!

    • Offizieller Beitrag

    Ja, das geht auch, aber keramische MLCCs haben die unangenehme Eigenschaft, bei Gleichspannungsbetrib bis zu 50% ihrer Kapazität zu verlieren - nennt sich DC Bias... wäre bei den Puffer-Kondis hier wohl eher kein Problem.

  • Ich hab gecheatet und sowohl Audiobuchsen als auch den Tastaturstecker vorher ausgelötet. :) Dann war Platz und die neuen Polymer-Hybriden ließen sich easy einlöten.

    Oh - dann bin ich ein Wiederholungs-Cheater. Ich löte die Teile beim A600 immer aus, wenn ich einen recappe... ::solder::

  • Saubere Arbeit und tolle Doku.


    Ich entlöte die SMDs immer mit Heißluft. Vorher natürlich alles drum herum mit Kapton band abkleben. Selbst bei dem Tastatur Stecker und den beiden Audio Buchsen gibt es keine Probleme wenn man vorher ordentlich mit Kapton alles angeklebt hat.


    Beim einlöten von Kerkos habe ich aber mit dem Lötkolben mal das eine oder andere angesenkt. Aber zum Glück nie sehr viel.


    Das einzige problem bei Heißluft ist, wenn mal einer hoch geht, gibt es fast einen Herzinfarkt. Aber Siff kommt nie raus.


    --

    Elaay (aka WStyle) - Commodore 4 Ever !


    there are 10 types of people in this world, those who understand binary and those who dont

  • Davor graut mir auch noch. Aber mein A600 und A1200 brauchen das mit Sicherheit. Kondensator-Sets hab ich sogar schon, denke aber jetzt auch eher an Kerkos. Werde das mal am 600er testen. Wahrscheinlich mit Heißluft.

  • War damals mein erster SMD Job überhaupt. Heissluft (858D-Clone) bei 280°, großflächig das Board vorgeheizt und dann immer engere Kreise gezogen. Ging super. Wie gesagt, vorher Baufreiheit geschaffen, das dauerte mit der ZD915 auch nur ein paar Minuten.


    Ich hatte Glück, mein Rev2D war vergleichsweise clean und noch nicht stärker befallen (deutlich weniger als hier das Beispiel von mikemcbike Da war deutlich weniger rework angesagt. Hauptsächlich putzen mit IPA, dann nochmal großflächlig Flux mit der Heissluft aktiviert und wieder entfernt.


    Kerkos mag ich nicht so doll, lötet sich auch nicht wirklich besser als ein SMD-Elkos, und die Panasonic Hybrid Caps halten auch.