Diehl Combitronic

  • Ein besonderes Gerät ist mir im Tausch zugelaufen: eine Diehl Combitronic.



    Passend dazu eine Diehl Dilector, ein Lochstreifenlesegerät, mit dem Programme auf die Combitronic geladen werden können.



    Die Combitronic (1970-73) war der IC-bestückte Nachfolger der reinen Transistor-Dioden-Maschine Combitron (1967-70).



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  • Die Combitron(IC) ist eigentlich ein voll programmierbarer Comuter mit 10.000 Bit Laufzeitspeicher und Drucker. Ein geniales Konzept! Das "Betriebssystem" befindet sich auf einem Stahl-Lochstreifen, der beim Einschalten in den Laufzeitspeicher eingelesen wird.



    Sofern die Antriebsrolle funktioniert...



    Und die Dezimalpunktverstellung...



    Das geniale Konzept, einen Computer aus nur 125 Transistoren zu bauen, hat kein Geringerer als Oppenheimers Post-Doc S. P. Frankel fertiggebracht, der auch die geniale Röhrenmaschine LGP-30 entwickelt hat!



    Die LGP-30 war noch etwas unhandlicher...



    Anstelle des riesigen Laufzeitspeichers finde ich allerdings nur ein riesiges Loch...



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  • Wow, diese alte Bürotechnik hat echt ihren eigenen Charme, auch wenn ich damit nicht arbeiten müssen möchte :grübel: .

    Diehl Dilector, ein Lochstreifenlesegerät, mit dem Programme auf die Combitronic

    Da fragt sich mein Monk doch,"Und wo kommen dann die Lochstreifen her?".

    Die combitronic spricht doch garantiert wieder einen propritären Dialekt :wegmuss:

    :kafeee:

    Viele Grüße,

    Knut

    :cat2:

  • Es gab aber verschiedener Lochstreifenstanzer von Diehl zur schrittweisen Eingabe der Programme...

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    ANKER, AKKORD, CTM (CTM 70, CTM 9000, CTM 9032), DIEHL/ DDS, DIETZ, FEILER, ISE,
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  • Hier mal die beiden Platinen, die das ursprüngliche Kuchenblech mit Transistoren ersetzen:



    Trotzdem hat man manchmal Glück und erhält der Laufzeitspeicher doch noch...



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  • Aber auch der Laufzeitspeicher benötigt Zuwendung... Pins sind lose oder abgebrochen, ein Torsionsmodul ist abgerissen...



    Spiegelklebeband hilft:



    Und der Massestift... gut, wenn man eine Drehbank hat.



    Sodele, zumindest der Speicher ist mal fertig restauriert.



    Weitere Infos und Fotos gibt es auf meinen Webseiten:


    Mike McBike @ Home

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  • Die Studienarbeit hab ich mir vom FTP runtergezogen - sehr informativ! Und ja, die Combitronic hat nur den Programmspeicher als Delay Line, der Registerspeicher ist ein Schieberegister, vermutlich hier:



    Oben rechts neben MEM 5111. Intel hat Schieberegisterspeicher im gleichen Gehäuse gebaut!


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  • Hübsch, eine Combitronic haben wir auch nebst diversen Combitrons.

    Guter Hinweis - gibt es ein Bild eines funktionierenden Lochstreifenantriebs? Die Maße der Andruckrolle würden mich interessieren...


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  • Ich glaube da ist Udo Kogge eine gute Adresse.

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  • Guter Hinweis - gibt es ein Bild eines funktionierenden Lochstreifenantriebs? Die Maße der Andruckrolle würden mich interessieren...

    Ich glaube, ich hatte damals einfach aus einem größeren Dichtungsgummi was geschnitzt.

    Dank des Assemblers und der Möglichkeit, statt vom Lochstreifen von außen etwas einzulesen, konnten wir auch den Speicher beliebig füllen. Wir haben ein Oszi an den Speicher drangeklemmt und hübsche Spielereien getrieben ;)




  • Wow... und nochmal wow!


    Da bin ich mal gespannt, was ich aus meiner Maschine noch rausholen kann. Wie synchronisiert sich eigentlich der gelesene Lochstreifen mit dem Laufzeitspeicher? Ist die Drehzahl da irgendwie entscheidend? Ich denke nicht...


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  • Sodele... hab mal wieder weiter gemacht.


    Erstmal dokumentieren, wo welche Farben und Kabel sitzen...



    Dann die Platine fein sauber machen... Die IC-Beschriftungen waren übrigens 1970 noch nicht spiritusfest...



    Dann sauber verlöten...



    Und die Kabel wieder anspleißen:



    Somit kann das Wunderwerk wieder zurück in die Maschine.



    Ich hab sie mal frech einfach eingeschaltet und hätte gedacht, dass wenigstens der Motor läuft, um das Lochband einzulesen - aber Pustekuchen, der zuckt wohl schon mal, aber das war's dann auch... mal sehen, ob der Schaltplan der Combitron irgendwas Sinnvolles enthält...


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  • Wow... und nochmal wow!


    Da bin ich mal gespannt, was ich aus meiner Maschine noch rausholen kann. Wie synchronisiert sich eigentlich der gelesene Lochstreifen mit dem Laufzeitspeicher? Ist die Drehzahl da irgendwie entscheidend? Ich denke nicht...

    Nein, das ist absolut unkritisch, da der Lochstreifen eine Taktspur hat.

    Das Einlesen geschieht komplett in Hardware mittels einer trickreichen State-Machine. Es wird auf ein Bit vom Lochstreifen gewartet, und dann an das Ende des bisherigen Inhalts des *kleinen* Umlaufspeichers geschrieben, wechselweise zu P und _P Zeiten (der Speicher ist ja interleaved). Die Zeit zwischen zwei Bits vom Lochstreifen ist größer als eine Umlaufzeit des kleinen Speichers. Und nun kommt das Geniale: wenn dieser Speicher voll ist, also 110 Bitzeiten (=4x55 Bits) eingelesen wurden wird er ausgeführt, und das maximal 11 Befehle große Programm ist dafür verantwortlich, den Inhalt der Register bzw. des Akkus passend in den großen Speicher zu schreiben. Danach wird mit Befehl E1 wieder das Einlesen gestartet (der Lochstreifen läuft nebenher stur weiter und wird nur durch die mechanische Endabschaltung gestoppt!).


    So sehen die ersten zwei Blöcke eines Lochstreifens aus. Es sind jeweils vier Gruppen à 11 Worte. Die ausführbare Routine steht in der unteren linken Gruppe, im Block 1 also von clr \IP bis e1 load

    Der erste Block setzt einfach nur den Drucker etc. zurück und startet das Einlesen erneut.

    Der zweite Block (von Wait 1, 00 bis e1 load wartet mit den Wait-Befehlen, bis der große Speicher an der richtigen Adresse steht, und führt dann drei Save-Befehle auf (die anderen drei Gruppen). Danach wieder e1 load. Das geht den ganzen Lochstreifen so.

    Am Ende wird in den eigentlichen Tischrechner-Code gesprungen.

  • Ich hab sie mal frech einfach eingeschaltet und hätte gedacht, dass wenigstens der Motor läuft, um das Lochband einzulesen - aber Pustekuchen, der zuckt wohl schon mal, aber das war's dann auch... mal sehen, ob der Schaltplan der Combitron irgendwas Sinnvolles enthält...

    Hilft dir da nicht, der Motor wird automatisch eingeschaltet. Am Netzschalter ist eine Mechanik, die per Hebelmechanismus den Umschalter zum Lochstreifenlesermotor betätigt und den Motor startet.

    Es ist wichtig, den Lochstreifen und den Schalter in Ausgangsstellung zu bringen, sonst kriegt man die Maschine nicht an. Während des Einlesens kann man die Maschine übrigens nicht ausschalten, der Mechanismus überbrückt den Schalter während des Einlesens, bis der Lochstreifen zurückgespult wurde.

    Sollte man den Stecker beim Einlesen ziehen, darf man u.U. die Maschine öffnen und den Lochstreifen von Hand zurückwickeln und den Schalter in Ausgangsstellung bringen.

  • Vielen Dank für die wertvollen Infos! Ich schätze, bei der Combitronic läuft das alles sehr ähnlich wie bei der Combitron, auch wenn der Lochstreifen offensichtlich auf der anderen Seite des Druckwerks ist - und der Registerspeicher in Halbleitertechnik...


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  • Sodele, mein allerherzlichster Dank geht an Kogge - Udo für unglaublich viele Tips und Ersatzteile, sowie für seine Geduld, mir das alles ganz einfach zu erklären!

    Auch an lgp30 - für viele wertvolle Hinweise, die es mir ermöglicht haben, dieses Wunderwerk von Diehl zu begreifen.


    Hier jetzt noch in Kürze das Ergebnis meiner Bemühungen:


    Zu Beginn startete die Maschine überhaupt nicht, Grund dafür war ein kurzschlüssiger Tantal auf der CPU-Platine:



    Dann die Mechanik - Andruckrollen und Mitnehmerrollen hatten sich aufgelöst...



    Dank meines Gas-Wasses-Scheiße-Dichtungskonvoluts hatte ich Ersatz da:



    Da funktionierte zumindest schon mal Bandvorlauf und -Rücklauf. Die busy-Leuchte ging aus, die Maschine war betriebsbereit.


    Auch mit der Dezimalpunktverstellung konnte ich mich dank Udo anfreunden:



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  • Aber der Drucker druckte nicht so, wie er sollte: die sechs rechten Stellen waren mit falschen Zeichen gefüllt.

    Der Speicherinhalt war aber korrekt, das konnte man sehen, wenn man die Werte mit 1000000 multiplizierte.



    Im Verdacht hatte ich die Eingabe-/Ausgabekarte. Eine putzige Mischung aus Germanium, Silizium und was bei Diehl sonst noch so alles im Lager rumlag.


    Punkt 1: eine kurzschlüssige Diode:



    Punkt 2: die vier Ansteuersignale für Drucker und Lampen waren nicht alle gleich - eines war schlapp.



    Und nach gezielter Ursachenforschung musste ein Germane einem Sizilianer weichen. Oder so ähnlich.



    Und siehe da: die Combitronic läuft zu 100% (99,9%, die Betriebsanzeigelampe ist defekt...)


    Auf meinen Webseiten:

    Teil 1 - https://www.wolfgangrobel.de/museum/combitronic.htm

    Teil 2 - https://www.wolfgangrobel.de/museum/combitronic2.htm

    Teil 3 - https://www.wolfgangrobel.de/museum/combitronic3.htm

    Teil 4 - https://www.wolfgangrobel.de/museum/combitronic4.htm

    Teil 5 - https://www.wolfgangrobel.de/museum/combitronic5.htm


    Und es zeigt sich: dieses Forum ist einfach absolut geil! Hier wird einem geholfen und das beruht auf Gegenseitigkeit!


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  • Wie viel Meter sind denn auf so einer rolle drauf? 45m oder weniger?

    Kann ich nicht sagen, das originale Papier ist recht dick...


    Zur Info: drei Filme, die die Funktion der Diehl zeigen.


    Booten vom Stahl-Lochstreifen:

    https://www.youtube.com/watch?v=mnx5UE4c2xc


    Einlesen eines Programmes mit der Dilector:

    Diehl Combitronic lädt ein Anwenderprogramm vom Papierlochstreifen
    Die Combitronic kann über den Lochstreifenleser "Dilector" handelsübliche Papierlochstreifen einlesen. Die darauf in speziellem Code abgelegten Programmdaten...
    www.youtube.com


    Ausführen eines Programms (Quadratwurzel):

    Diehl Combitronic berechnet Quadratwurzeln über das Lochstreifenprogramm
    Das eingelesene Programm berechnet Quadratwurzeln über eine Näherungsformel. Hier werden bei null und acht Nachkommastellen jeweils die Zwischenergebnisse un...
    www.youtube.com


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