Kondensatoren beurteilen

  • In der Tastatur IBM Model F meines IBM XT haben schon vor einiger Zeit die Elkos schlapp gemacht. Ich habe zwei Stück, die laut Schaltplan ausschließlich zur Versorgungsstabilisierung dienen, getauscht und damit ging die Tastatur wieder monatelang. Jetzt hat sie wieder die Grätsche gemacht und ich habe einen weiteren Elko getauscht, dieser erzeugt laut Schaltplan das Reset-Signal des 8048. Die Werte des ausgebauten Kondensators habe ich mit einem MTester gemessen. Laut diesem (sicher nicht erstklassigem) Messgerät war der Elko noch in Ordnung: die Nennkapazität da, der ESR gut, Verluste niedrig. Tatsächlich waren die Werte sogar etwas besser als die meines Austausch-Kondensators, den ich zur Hand hatte, so dass ich einen Moment erwog, das Original-Teil wieder einzubauen und mein Ersatzteil weg zu schmeissen. Nun, tatsächlich ist es so, dass die Tastatur mit dem laut Werten schlechteren Original-Teil nicht (mehr) läuft, mit dem Ersatzteil mit höherem ESR und größerem Verlust aber schon. Wie kann das sein? Ist der MTester so ein übles Schätzeisen hierfür oder übersehe ich etwas?

  • Dies bestätigt das Vorgehen, Elkos nach dieser langen Zeit einfach zu wechseln. ;)


    Meine Feststellungen diesbezüglich decken sich. Messbar nicht unbedingt -> funktionsrelevant jedoch durchaus.

    Man müsste einfach mal einen richtig teuren Analyzer verwenden, würde mich auch interessieren.

  • Wird wohl der sinkende Parallelwiderstand durch elektrische Leakage sein.


    Wie misst man denn Kapazität? Über die Zeit zum Laden. Wie wird diese Zeit länger? Wenn der Kondensator Gleichstrom leitet. Wie wird die ESR geringer? Wenn der Kondensator Gleichstrom leitet.


    Ich hab mal an meinen MTester einen 3300uF 50V gehangen: 10 Testläufe, dann 10 Testläufe mit einem 60KOhm Widerstand parallel:


    Der Untere Part ist ohne den Ausreißer, bei dem er keine Vloss zeigt.

    Konstant Kapazität leicht besser, ESR leicht besser, Vloss nur leicht schlechter.

  • Ich hab einen richtig teuren Fluke lcr Analyzer. Die Messergebnisse waren ähnlich dem billiger Geräte.

    Ich hatte aber einen Elko in einem Videorekorder, in der Audiokopf Verstärkung. Der hatte einen hohen Leckstrom und das hat zu einer bias Verschiebung vorm op gesorgt.

    Ansonsten waren alle Werte des Elkos ok.

    Also Kapazität, Esr und Leckstrom messen. Dazu einfach den Elko an Nennspannung legen und Strom messen. Das vergleicht man dann mit einem neuen Elko.

    Ob der Leckstrom oder esr relevant sind hängt immer vom Einsatzzweck ab.


    Ps: ich habe gerade in div. Ps2 Festplatten und Floppies die Elkos getauscht - die laufen alle aus, egal ob tht oder smd. Das sind alles tickende Zeitbomben!

  • Ich benutze für eine erste Überprufung "on Board" den Tester Peak Atlas ESR70 (auch beruflich). Der ist zwar etwas teuer aber funktioniert ganz gut.

    Auch bei noch eingelöteten Kondensatoren. Aber auch dieser kann das Spannungsverhalten nicht austesten. Früher (das Hobby ruht) habe ich

    alte (Dampf-)Radios gesammelt, restauriert und repariert. Aus dieser Zeit habe ich noch einen "Dichtigkeitstester" (ein Projekt des Radiomuseums.org).

    Das Gerät erzeugt aus einer 9 Volt Batterie eine einstellbare Spannung bis 600 Volt und zeigt dabei den fließenden Leckstrom an. Die Messung funktioniert

    natürlich nur am abgehängten bzw. ausgelöteten Kondensator.

    Eine weitere Beobachtung ist, daß bei älteren (Elektrolyt-)Kondensatoren die Kapazität über den angegebenen Wert steigt bevor sie kpl. ausfallen.

    Für mich immer ein Hinweis für das Alter und damit ein Kriterium für einen Austausch.

    Nebenbemerkung:

    In alten Radios (besonders aus den 20igern und 30iger Jahren) haben allein aus optischen Gründen neue Bauteile nichts zu suchen.

    Da die heutigen Kondensatoren baulich deutlich kleiner ausfallen, werden sie in den Gehäusen der Alten "versteckt".

  • Ich finde, wenn man sie unter dem Chassis anbringt passen da auch moderne Komponenten, auch in 20er-Jahre Dingen. Wie es z.B. Mr Carlson's Lab macht. Der restufft auch keine alten (Multi-)Kondensatorengehäuse. Lässt sie aber, so sie von oben auf dem Chassis stehen im System, nur elektrisch isoliert (meist nutzt er die Anschlüsse um, mit aufgelöteten Isolatoren in Standoffs für neue Kondensatoren zu verwandeln). Grade in Röhrensystemen die Caps in die alten Kennen zu stopfen kreiert ja nur wieder neue Backöfen.


    Aber jeder wie ihm beliebt. Ich bin da keine Geschmackspolizei. :)


    PS: Der Typ hat einen Leakage Tester, der mit 24V arbeitet. Auch für die Caps die normalerweise an 600V hängen. Ohne Hochspannungserzeugung. Hat er auf seinem Patreon. Und oft auch gegen die alten Tester wie Heath IT-11 etc. verglichen. Das Ding ist so sensibel, dass reagiert wenn er die Isolation der Krokoklemmen anfasst.

  • Da braucht man doch nur den Elko mit Strommesser in Reihe an ein Labornetzteil legen!

    Hast Du ein Labornetzteil bis 300V? Meins hört bei 40V auf.

    In der Firma haben wir TDK Netzteile 320V ;)

    Die meisten Elkos (abgesehen von den Primärelkos in Schaltnetzteilen) sind doch aber eher 10V, 16V, 25V, 40V Typen.

    Und einen Leckstrom eines 63V Elkos kann man sicher auch mit 40V schon sehen und mit einem neunen Elko vergleichen.

    Bei den Primärelkos ist auch der Leckstrom nicht das Problem.

  • "Dichtigkeitstester" (ein Projekt des Radiomuseums.org).

    Klingt Spannend!

    Könntest Du den bitte hier mal kurz zeigen? ist das ein Bausatz oder wie bekommt man den?

    Da braucht man doch nur den Elko mit Strommesser in Reihe an ein Labornetzteil legen!

    Das hatte ich mir schon vor längerer Zeit angewöhnt: zu prüfenden Kondensator mit Labornetzteil auf seine Spannung oder 30V (weil Max. aus Labornetzteil) aufladen und hinlegen.


    Aus einer "Erbschaft" liefen mir ein paar große mit Schraubanschlüssen zu, 22mF/40V. Mit 30V befüllt, nach 24Stunden waren noch mehr als 15V drin: also diesen Test bestanden.


    Gruß, Ralf

  • "Dichtigkeitstester" (ein Projekt des Radiomuseums.org).

    Klingt Spannend!

    Könntest Du den bitte hier mal kurz zeigen? ist das ein Bausatz oder wie bekommt man den?

    Da braucht man doch nur den Elko mit Strommesser in Reihe an ein Labornetzteil legen!

    Wenn das so einfach ist, warum gab's dann den Jackson Model 591 oder den Heath IT-11? Genau: Präzision! Der Test ist wie beschrieben, es geht aber darum, Widerstände von auch ihm hohen MegaOhm Bereich zu messen. Kann dein Strommesser 0,00000375 Ampere erkennen (300V, 80MegOhm Parallelwiderstand)


    Der Carlson Tester misst im GigaOhm-Bereich, da auch er Leakage von Filmkondensatoren etc. misst. Ist im Tubebereich wichtig. Bei einem 5V Stützkondi natürlich nicht.

  • Dan Gerät ist nicht groß und passt fast in die Hosentasche. Bei Röhrenradios hat man Anodespannungen zwischen 200 und 350 Volt.

    Denn Röhren können keinen "großen" Strom schalten. Dieser liegt bei Radios im mA Bereich (5-50mA) Um Leistung herauszuholen brauche ich

    daher (auch) hohe Spannungen. Vorallem die alten Folienkondensatoren (in der Pappröhre untergebracht und mit Teer verschlossen) ziehen

    Feuchtigkeit und lecken unter Betriebsspannung.

    Einsatzgebiet ist vorallem bei Komponenten in den Netzteilen.

    Ansonsten mache ich das auch so wie die andren es beschrieben haben.

    Das Teil heißt ISOTest6 Ein Link (http://www.radio-ghe.com/neuetechnik/isotest6.info.htm)

  • ESR wird doch gewöhnlich mit einem 100kHz Wechselstrom gemessen oder irre ich?

    Das hängt m.W. von der Art des Kondensators ab. Ich habe einen Tonghui TH2822C, ein halbwegs professionelles Gerät, bei dem man die Messfrequenz wählen kann. Das Datenblatt beschreibt das Gerät recht gut. Elkos messe ich bei 120Hz. Aber auch damit bekomme ich nicht unbedingt zuverlässige Ergebnisse. Aussagen wie zunehmende Kapazität bei alten Kondensatoren kann ich bestätgien, abe viel hilft viel gilt hier trotzdem nicht ;)

  • Das kann heute jedes billige Multimeter messen - hier mit 8MOhm an 30V - das sollte wohl ausreichend sein um einen schlechten Kondensator zu erkennen:

  • Das Thema Kondensator ist viel größer, als man im ersten Moment vermuten würde. Da ist nicht nur die Kapazität und Spannungsfestigkeit von

    Bedeutung. Auch der innere Widerstand und der innere Aufbau. Ich bin da kein Experte auf dem Gebiet. Habe da aber bei so einigen Reparaturen

    Erfahrungen gemacht. Ich will das Thema nicht überbelasten, aber bei Radios hört man schon mal einen Unterschied oder eben gar nichts mehr.

    Da läßt sich ein 10nF/250V nicht einfach durch einen 10nF/350V ersetzten. Im Radio geht es um Schwingkreise und andere Dinge.

    Um zu der Tastatur zurück zu kommen, könnte ich mir durchaus vorstellen, daß die erhöhte Kapazität des alten Bauteils zu Resonanzschwingungen

    auf der Leiterbahn führt. Das Signal könnte so beeinflusst/ verformt werden.

  • Zum 8048:

    Power-On-Reset erzeugt der über einen internen Pullup sowie einen externen Kondensator 1uF/10V. Da kann man zusätzlich über 1k0 einen Taster nach GND dranhängen.


    Bei der Takterzeugung finden sich ggf. noch ein paar kleine keramische Kondensatoren je nach dem, was an Pins 2 und 3 tatsächlich dranhängt (Quarz, Resonator, TTL-Takt).


    Gruß, Ralf