Retrocomputing-Grundlagenwissen: Ripple - der lautlose Killer: Netzteile prüfen und beurteilen

  • Bevor ich mich für Retro interessierte, waren mir Netzteile scheissegal.

    Wenn was kaputtgeht, weg damit und neu gekauft.


    Das geht bei Retro nicht.

    Meine Retro-PCs sind mit extrem seltenen Boards ausgestattet. Die kann man nicht mal eben neu kaufen.


    Ripple - der lautlose Killer


    Die Netzteil-Elektrolytkondensatoren ("Elkos") haben die Funktion, den Ripple (=Restwelligkeit) der Versorgungsspannungen auf ein Minimum zu begrenzen.

    Wenn die Kapazität der Elkos abnimmt, nimmt auch diese Fähigkeit ab.

    Der Kapazitätsverlust ist stark beschleunigt, wenn die Elkos Hitze ausgesetzt sind.


    Wenn das Netzteil keine ausreichend glatte Spannung mehr liefert (daher auch die Bezeichnung "Glättelko"), dann müssen die Elkos auf den anderen Komponenten die Glättarbeit machen, die das Netzteil machen sollte.

    Die ATX-Spezifikation erlaubt 50mV Ripple auf 5V und 120mV auf 12V.


    In der freien Wildbahn habe ich (noch) funktionierende Rechner vorgefunden, deren temperaturgeregeltes "Leise"-Netzteil eine Restwelligkeit von 2 (!) Volt auf 5 Volt hatte.

    Dort müssen die nur für die Glättung von kleinen Spannungsunterschieden gebauten Elkos auf Mobo etc dann viel, viel grössere Lade- und Entladeströme aushalten als eigentlich vorgesehen.

    Das geht nicht lange gut.

    Denn auch Elkos haben Innenwiderstand und können bei hohen Strömen so heiss werden, dass der Plastiküberzug schmilzt.

    Wenn ein Mobo an Elko-Blähungen und/oder geschmolzenem Elko-Plastiküberzügen litt, dann war das in allen von mir beobachteten Fällen in Computern mit einem Netzteil mit hohem Ripple.

    Festplatten vertragen übrigens hohen Ripple oft gar nicht gut.


    Warum Ripple messen statt Elkos aufs Geratewohl austauschen?


    Bei manchen Leuten ist es Usus, Mobos und Netzteile aufs Geratewohl zu recappen (=Elkos austauschen), ohne überhaupt erstmal zu messen, ob das wirklich nötig ist.

    Das finde ich ein wenig schade.

    Denn wurden langlebige Qualitätskondensatoren verwendet und Lüfter im Dauervollbetrieb betrieben, wird meinen Messungen zufolge selbst von (in Clones eher seltenen) hochwertigen alten AT-Netzteilen meist die ATX-Spezifikation noch eingehalten.

    Da werden dann oft hochwertige, sehr teuere Kondensatoren ohne tatsächlichen Grund durch neuere, schlechterer Qualität ersetzt.


    Wie misst man Ripple und vermeidet unnötigen Austausch von Kondensatoren?


    Der Ripple wird mit Oszilloskop gemessen, da er a) üblicherweise im Bereich um 150kHz ist (gängiger Schaltnetzteiltakt) und b) im Regelfalle alles andere als sinusförmig ist.


    Mit Baumarktmultimetern kann man Wechselspannungen nur bis wenige kHz messen.

    Da kann man bei Schaltnetzteilen nur feststellen, ob schwache Primärelkos durchschlagen (was selten vorkommt, da diese meist gut sind).

    Mit hochwertigen Multimetern, die Wechselspannungen im Megahertzbereich messen können, kann man bei einer deutlich messbaren Wechselspannung davon ausgehen, dass der Ripple zu gross ist. Andererseits kann man vom Fehlen einer angezeigten Wechselspannung nicht schliessen, dass kein Ripple da ist, z.B. wenn dieser die Form von Über/Unterschwinger hat und sehr kurz, aber vielleicht auch sehr gross ist.


    Idealerweise misst man Ripple über das gesamte zulässige Betriebslastspektrum. Doch dazu braucht man einen automatisierten Messplatz mit elektronischen Lasten usw.

    Für den Laien ist das unrealistisch.

    Daher habe ich mir zum abschlägigen Testen und zum Lernen einen primitiven Netzteiltester gebastelt mit folgenden Funktionen:

    -Messung Ripple ohne und mit Last (ein paar Ampere)

    -Prüfung auf Überstromschutz (plötzliche kurzschlussartige Belastung)


    Überstromschutz für Retrocomputer extrem wichtig


    Den Überstromschutz möchte man als Retro-Liebhaber unbedingt in den verwendeten Netzteilen haben.

    Denn ob ein Überstromschutz vorhanden ist oder nicht, bedeutet den Unterschied, ob ein Rechner lediglich plötzlich ausgeht und nicht mehr startet, oder ob die Fehlfunktion (im Beispiel ein kurzgeschlossener Tantalelko) als Sekundärschaden einen Totalschaden z.B. des Mainboards oder gar einen Brand zur Folge hat, wenn die Leiterbahnen aufgrund des hohen Stroms durchbrennen.


    Soweit die trockene Theorie.

    In den nächsten Beiträgen werde ich das mit Bildern konkret veranschaulichen.

    • Offizieller Beitrag

    ...und am Ende packen wir alles in die Wissensdatenbank! Super :thumbup::thumbup:

    Denn Feindschaft wird durch Feindschaft nimmermehr gestillt; Versöhnlichkeit schafft Ruh’ – ein Satz, der immer gilt. Man denkt oft nicht daran, sich selbst zurückzuhalten; Wer aber daran denkt, der lässt den Zorn erkalten. Sprüche von Buddha, aus dem ‹Dhammapada›.


    Mein Netz: Acorn | Atari | Milan | Amiga | Apple //e und IIGS | Macintosh | SUN Sparc | NeXT |SGI | IBM RS/6000 | DEC Vaxstation und Decstation| Raspberry Pi | PCs mit OS/2, BeOS, Linux, AROS, Windows, BSD | Stand-alone: Apple //c und III | Commodore 128D | Sinclair QL | Amstrad | PDAs

  • Da ich leider in mehreren meiner ATX-Rechnern noch Netzteile drin habe, die ich als nicht 100% vertrauenswürdig empfinde, brauche ich noch ein paar gute Netzteile.

    Um einen Überblick zu bekommen, wie sich alte Netzteile verhalten, habe ich in den vergangenen Monaten wahllos jedes Netzteil von der Strasse aufgeklaubt.



    Wird sich meine Hoffnung, dass darunter vielleicht ein paar sind, die ohne Kondensatorentausch direkt benutzbar sind, bestätigen?


    Nun habe ich meinen Primitiv-Messplatz aufgebaut.



    Links befindet sich als das Messobjekt das schlechteste "funktionierende" Netzteil, welches ich bisher gefunden habe.

    Hier dient es als "geprüftes Netzteil", um den Messplatzaufbau zu checken.


    Die Einstellung (Messbereich, Kopplung) des Oszilloskops ändert sich je nach Prüfling, je nachdem wie gross (oder klein) die Spitze-Spitze-Spannung der Restwelligkeit ist.

    Bei diesem Netzteil kann man auf DC koppeln, 0V einstellen auf 1cm Höhe (von unten), und Spannung auf 2V/cm, 10us/div.



    2 Volt Ripple, das 40fache des Erlaubten!

    Und die Voltmeter zeigen täuschend "akzeptable" Werte an!



    Wundert sich jemand, dass auf dem Motherboard in dem PC mit diesem Netzteil die Elkos aufgebläht waren?

    Das als Eingangsbeispiel, wie es nicht sein sollte.


    Nun werde ich als nächstes den ganzen Berg von Netzteilen durchchecken, was direkt weggeworfen werden kann und was man nehmen kann.

    Die auf der linken Seite ordne ich aufgrund der Labels als "Noname" ein, und nach rechts hin als zunehmend besser.

    Wird sich meine intuitive Einschätzung bestätigen?

    Dazu in den nächsten Beiträgen.



    Bis zum nächsten Beitrag mein Netzteil-Tipp Nr. 1:


    Minderwertigste Netzteile kann man durch eine schnelle optische Prüfung erkennen und ausscheiden.

    Standarddicke für Mobo-Kabelstränge ist 18AWG.



    Viele Billigstnetzteile verwenden dünneres Kabel dafür (20AWG), wie auf dem gebogenen Teil des weissen Kabels im Foto gut zu erkennen (zoomen!).

    Hat ein Netzteil 20AWG auf dem Mobo-Kabelstrang als Merkmal der niedrigsten Qualitätsklasse, direkt weg damit!!

    • Offizieller Beitrag

    Wenn du bei Schaltnetzteilen den Ripple richtig beurteilen willst, musst du eine Last dran haengen.

    Ohne Last machen die Dinger immer einen deutlichen Ripple.


    Das haengt damit zusammen, das der Schalttransistor eine Minimum-Zeit an oder aus ist und dadurch auf der Sekundaerseite ein Strom induziert wird. Dieser wird im Kondensator gespeichert und erzeugt eine deutlich hoehere Spannung.

    Hier gilt: Desto aelter, desto schlimmer. Die Regelungstechnik war damals einfach noch nicht so weit.

  • funkenzupfer

    Ich mache gerade nur eine schnelle Messreihe, um die Netzteile vorab einzuordnen.


    Messungen ohne Last mache ich gar nicht.

    Das ist mit einigen Ampere Last, so um die typische Last eines Einfachst-PC mit Minimalausstattung.

    Die gebläsegekühlten Lastwiderstände befinden sich im zweckentfremdeten ehemaligen blauen Netzteil.

    Wenn bei dieser Last der Ripple noch innerhalb der Grenzen bleibt, dann schalte ich noch mehr Last hinzu, um zu sehen, wieviel "Luft" das Netzteil hat.

    Wenn andererseits bei dieser "Grundlast" das Netzteil nicht mehr die Ripple-Grenzwerte einhält, schreibe ich "Test Fail" drauf.


    8 Netzteile sind jetzt schon gecheckt, 7 sind weit ausserhalb Spezifikation, nur eines gerade so innerhalb.

    Und es war eines der Netzteile, von dem ich das nicht erwartet hätte...


    6 Netzteile noch, bin mal gespannt aufs Ergebnis.

    • Offizieller Beitrag

    Ok, dann ist ja alles gut. :thumbup:


    Ich hab den offenen ATX-Stecker gesehen und die blaue Kiste fuer das Messobjekt gehalten.


    Vielleicht machst du noch ein Bild vom gesamten Messaufbau.

  • 6502 geht gerade einem wichtigem Problem der Retro-Computerszene nach.

    Schwierig für uns Nicht-Elektroniker sind alle die Sachen, die man nur mit einem Oszilloskop feststellen kann. Manche von uns haben sogar eins, tun sich aber schwer, dessen Anzeigen richtig zu interpretieren. Toll wäre die detaillierte und bebilderte Beschreibung, wie mit einem Oszi die Ausgangsspannungen eines Netzteil geprüft werden können. Bis dahin bleibt uns Amateuren nur der vorbeugende Recap des NT-Sekundärbereichs mit hoffentlich qualitativ guten Marken-Elkos.

  • So, alle Netzteile durchgecheckt.

    Mit dem Ergebnis hätte ich nicht gerechnet.

    Das einzige Netzteil, das in den Tests meine Kriterien für meinen Retroeinsatz komplett erfüllt, war das uralte Bestec AT-Netzteil.


    In den nächsten Beiträgen morgen werde ich die Messergebnisse/Messfotos der einzelnen Netzteile zeigen und kommentieren.
    Anschliessend fasse ich die Ergebnisse zusammen.

    Dann werde ich die Netzteile öffnen, das Innenleben fotografieren und kommentieren.Denn meiner Meinung nach gibt es neben dem Ripple noch andere Merkmale, die ein Netzteil zu einem "guten" oder "schlechten" Netzteil machen.



    funkenzupfer

    Ja, ich mache noch Fotos und ein Schaltbild von dem Netzteiltester-Aufbau.

    Es ist allerdings nur ein primitiver Experimentierprototyp.


    Wollte halt nur eine einfache Möglichkeit haben, zu sehen, wie man Ripple misst und Netzteile prüft, um sicherzustellen, dass sie für meine Computer keine Gefahr sind.

    Da bin ich immer noch am Lernen.

    Dabei hat mir dieser Prototyp schon sehr geholfen.

    Will ja meinen Arduino mit Touchscreen endverwerten für die Steuerung eines Netzteiltesters.

  • Dort müssen die nur für die Glättung von kleinen Spannungsunterschieden gebauten Elkos auf Mobo etc dann viel, viel grössere Lade- und Entladeströme aushalten.

    Das geht nicht lange gut.

    Das gilt aber nicht für Linear-Netzteile. Wenn an einem 7805 am Eingang 7-9 Volt (also 2 Volt Ripple) anliegen, hast Du am Ausgang schöne stabile 5 Volt.

    Übrigens halte ich das präventive Ersetzen von noch intakten Netzteilen für Unsinn. Mir ist noch kein Netzteil begegnet, das im Betrieb die Spannung drastisch erhöht und den Computer gegrillt hätte. Vor Inbetriebnahme mal die Spannungen zu messen (mit Last, ich nehme Autobirnchen), ist gut und richtig. Natürlich kann das Netzteil ausfallen, aber dann ist der Strom weg. Gute Netzteile haben auch eine sogenannte Crowbar, die genau das (zu hohe Spannungen) verhindert (indem z. B. ein Thyristor über eine Z-Diode angesteuert leitend wird und die Spannung über einen Lastwiderstand gegen GND ableitet). Theoretisch kann ein Linearregler so durch brennen, dass die Eingangsspannung als Ausgangsspannung ausgegeben wird. Praktisch hatte ich das noch nie. Wenn der Regler kaputt war, hatte er am Ausgang Null oder aber viel zu wenig (wie 2 Volt bei einem 7805).


    Gruß, Jochen

  • Ich finde Deine einfache und effektive Testbeschreibung super.


    Ein paar Details zur Last wären noch hilfreich.


    Und vielleicht die Abgrenzung zu nicht kurzschlussfesten (nicht-PC) Netzteilen.

    -------------------------------------------------------------------------------
    Suche Rechentechnik aus Deutschland, bzw. Computer Deutscher Hersteller - z.B.

    ANKER, AKKORD, CTM (CTM 70, CTM 9000, CTM 9032), DIEHL/ DDS, DIETZ, FEILER, ISE,
    HOHNER GDC, KIENZLE, KRANTZ, NIXDORF, OLYMPIA, PCS/CADMUS, RUF, SALOTA, S.E.I.,
    SIEMAG, SIEMENS, TAYLORIX, TRIUMPH ADLER - TA, WAGNER, WALTHER, WANDERER,...

    -------------------------------------------------------------------------------

  • Also, "weg damit" und co halte ich für übertrieben - und auch nicht im Sinne unseres Vereins. Wie du selbst schreibst, verbrauchte Elkos kann man wechseln, und man bekommt dabei heute bei gleicher mechanischer Bauteilgröße mehr Elko-Kapazität was den Glättungskondensatoren nur gut tun kann. Und was zu niedrige Kabelquerschnitte angeht, für Systeme, die weniger Strom brauchen, reichen die ale mal noch. Irgendwann ist man mal froh um jedes noch funktionierende Netzteil.

  • Ein paar Details zur Last wären noch hilfreich.


    Und vielleicht die Abgrenzung zu nicht kurzschlussfesten (nicht-PC) Netzteilen.

    Ja, die Beschreibung des Lastaufbaus/der Lastschaltung folgt noch.

    Einmal, da noch eine vorzeigbare, nicht nach Schmierfink aussehende Skizze fehlt.

    Zum Anderen, weil ich Hemmungen habe, die Schaltung ohne eingehende Erklärung und Warnung zu veröffentlichen.


    Grund ist, dass dieser erste Prototyp-/Experimentier aufbau aus Gründen der Einfachheit die zum Abgriff benutzten Molexstecker/-kabel bei Vollast erheblich über Spezifikation (iirc 6 oder 8A/Pin) hinaus belastet. Das ist sehr gefährlich, denn es führt zum Erhitzen der Kabel und darf daher nur kurzzeitig (max. wenige Minuten) gemacht werden.

    Im nächsten Prototyp wird das natürlich fachgerecht gemacht werden.


    Die Abgrenzung zu Nicht-PC-Netzteilen ist ein wenig schwierig.

    Viele arbeiten ja auch mit Schaltnetzteilen, wo man mit passenden Anschluss-Adaptern auf prinzipiell gleiche Weise messen könnte.


    Längsnetzteile (mit Linearreglern) sind ein ganz anderes Thema.

    Bei denen ist aber das Ripple-Problem nicht weiter gefährlich, normalerweise nur störend.

    Denn deren 50-Hz-Sinus-Restwelligkeit führt nicht zu hohen Strömen und hoher Wärmeentwicklung in den Kondensatoren.


    Also, "weg damit" und co halte ich für übertrieben - und auch nicht im Sinne unseres Vereins. Wie du selbst schreibst, verbrauchte Elkos kann man wechseln, und man bekommt dabei heute bei gleicher mechanischer Bauteilgröße mehr Elko-Kapazität was den Glättungskondensatoren nur gut tun kann. Und was zu niedrige Kabelquerschnitte angeht, für Systeme, die weniger Strom brauchen, reichen die ale mal noch. Irgendwann ist man mal froh um jedes noch funktionierende Netzteil.

    Da muss ich Dir leider recht geben.


    Denn der aktuelle Grund, warum ich die Netzteile jetzt durchgesehen habe, war eben, dass ich a) aus Netzteilknappheit derzeit noch in einem Testrechner ein Netzteil mit 20AWG-Kabelbaum in Betrieb habe (was aber ansonsten spezifikationsgemäss arbeitet) und b) nun zusätzlich ein "verifiziertes" Netzteil brauche, für einen schnellen Boardtest im freifliegenden Aufbau.

    Angesichts der Menge der zwischenzeitlich angesammelten Netzteile und meines derzeitigen Grossausmistens hat dann die Diskussion in dem Amiga-Thread den auslösenden Impuls gegeben, jetzt schon den Netzteilberg durchzuchecken.

    Anschaulicher kann man wohl kaum zeigen, dass es - solange man nicht ausreichend Premiumqualitäts-Netzteile im Vorrat hat - es durchaus sinnvoll sein kann, Netzteile minderer Qualität, die aber innerhalb der Spezifikation arbeiten, erstmal noch in Reserve zu behalten, statt direkt wegzuwerfen.


    Wenn ich die Benutzerrechte hätte, meinen Eingangsbeitrag zu ändern, würde ich das jetzt tun...

    Einmal editiert, zuletzt von 6502 ()

  • Ich habe bei meinem Olympia Boss Reparaturprojekt auch das Netzteil (Bj. ~1982) im Verdacht, unsaubere Gleichspannung zu produzieren.


    Auf +5V sehe ich unregelmäßige Nadelausschläge bis auf ca. 6 V. Ich habe das Problem unter Last und ohne Last. Ist das auch der hier beschriebene Ripple?


    Ich will es so nicht mehr an den Rechner hängen - deswegen frage ich mich auch, welche Last ich da dranhängen kann zum Testen der Reparaturschritte.

  • mich würde brennend interessieren, was mein Netzteil-Tester


    https://www.ebay.de/itm/PC-Net…ad0234:g:IRcAAOSwUeVeTYU8 ich hab so einen


    zu deinen als "schlecht" gemessenen Netzteilen anzeigen würde

    ok, die Spannungen sind vermutlich nicht genauer als auf einem Digitalvoltmeter

    aber für mich ist immer ein sehr wichtiges Kriterium die "Power-Good" - Geschwindigkeit - bei den Netzteilen, die ich hier im Club habe liegt sie zwischen 280 und 320 ms


    ich hab schlechte Netzteile meist daran fest gemacht, dass sie einfach viel zu langsam waren in diesem Wert


    und ich geh sogar meist einen Schritt weiter - wenn ich ein Netzteil eh schon offen hab, dann tausch ich nicht nur die Elkos( falls nötig) sondern in jedem Falle auch die Filterkondensatoren auf der Primärseite


    ....hab ich auch Holger bei seinem PET-Netzteil empfohlen letzten Samstag

    ich bin signifikant genug:razz:

  • 6502: ich würde Dich gerne Bitten Deinen Beitrag am Ende nochmal zusammenzufassen und mir zuzusenden, damit ich den in die Wissendatenbank übertragen kann. Am liebsten im Libreofficeformat inkl. Deiner Bilder und Deiner Antworten (an den richtigen Stellen) auf die gestellten Fragen.


    Ich stelle das dann in die Rubrik Reparatur- und Werkstatttipps ein...


    https://www.classic-computing.de/wissen/


    Würde mich freuen wenn Du das schaffen würdest.


    Dankeschön...

    Gruß Torsten

    BFZ MFA, ZX80Core, AX81, ZX81, ZX81NU, Spectrum+, Harlequin, MSX VG8010, Amstrad NC100, Cambridge Z88, C64, C128D, Amiga 500 & 1200, Atari Portfolio, HP200LX, IBM PC5155, TP755c, TP755cx, T20, T41, T61, PS/2 (Model 40SX), PS/2E, Accura 101, Apple //e, Sharp PC1401 & PC1403H, TI59 m. PC-100c, HP48SX & HP48GX


    An die Person, die meine Schuhe versteckt hat, während ich auf der Hüpfburg war: Werd' erwachsen! :motz:


    ::matrix::

  • Bevor es nun weitergeht mit dem Artikel, kurz zu


    Aquarius

    Könnte gut sein. Kannst Du evtl Fotos machen, ähnlich wie ich in den unten folgenden Beiträgen, so dass man sich das konkret anschauen kann?


    Shadow-aSc

    Das ist bloss ein Voltmeter mit mehreren Eingängen.

    Ist im Prinzip genauso (des-)informativ wie die Voltmeteranzeigen in den unten folgenden Messergebnis-Dokumentationen.

    Ripple kann damit weder festgestellt noch gemessen werden.


    tokabln

    Klar, mache ich.



    Und nun weiter mit dem Thema.

    Der Anschaulichkeit und Verständlichkeit halber fange ich den Messbericht mit dem einzigen ATX-Netzteil, das die Prüfung gerade so bestanden hat.


    Die Messergebnisse:


    LC Power LC420H-12


    Jedes Netzteil wird mit einem Foto vorgestellt, aus dem Anbieter, Typ und technische Parameter draufstehen.



    In den Fällen, wo das Netzteil entweder nicht startete oder kein geeigneter Anschluss zum Messen vorhanden war, endet die Testbeschreibung nach diesem Foto mit der Angabe/Beschreibung des Grunds.

    Startet das Netzteil, folgt als zweites Foto die Anzeige der Voltmeter für +5 und +12V, bei angeschlossener Minimallast (etwa entsprechend einem minimalausgestatteten Einfachst-PC).



    Als nächstes folgt das Oszillogrammfoto.

    Unten in der rechten Bildhälfte kann man die Messbereichs-Einstellung sehen (hier 20mV/cm).

    Diese ist notwendig, um das Oszillogramm richtig zu interpretieren.

    Als Zeitbasis habe ich bei den folgenden Fotos verschiedene Werte zwischen 20us und 2us/div verwendet, meist 10 oder 20, halt so wie ich die Anzeige am schärfsten/saubersten/informativsten empfand. Die Kenntnis der genauen Periodendauern ist hier für die Beurteilung eh nebensächlich.


    Randerklärung:

    Der Oszilloskopbildschirm ist im Zentimeterraster kariert. Man kann daher aus der Höhe des Strahls die Spannung zum jeweiligen Zeitpunkt ablesen, entsprechend des Messbereichs (Volt pro cm).

    ( Hinweis: Hier wird 1:1 gemessen, da können wir das gleich übernehmen als Messwert. Wenn man mit Messteilern (z.B. 1:10 bzw. 10X) arbeitet, muss man die Werte natürlich entsprechend multiplizieren. )

    Horizontal wird der Messbereich nicht in cm, sondern in div angegeben. Das liegt wohl daran, dass die Zeitbasis auch gestreckt werden kann (z.B. 5X, 10X oder stufenlos) und dementsprechend dann auch nicht mehr gilt 1 div = 1 cm.



    Oben ist 12V zu sehen, unten 5V.

    Man sieht, die tiefsten und höchsten Ausschläge bei 12 V liegen weniger als 2cm auseinander, bei 5V unter 1cm.

    Ergo erkennt man sofort: Der Ripple (Spitze-Spitze) liegt bei 12V unter 40mV, bei 5V unter 20mV.

    Deutlich unter den Ripple-Grenzwerten des ATX-Standards von 120 bzw. 50mV.


    Man sieht sehr schön die Ausschläge, wo der Transformator eingeschaltet und wo er ausgeschaltet wird, und erkennt die Aufladung und die Entladung.


    Sehr gut!

    So können wir nun gucken, wie das aussieht bei höherer Last. Nach dem Einschalten der Zusatzlast zeigt sich folgendes Oszillogramm, nachdem der Messbereich von 20mV/cm auf 50mV/cm vergröbert wurde.



    Hier sieht man, dass der Ripple nun grösser geworden ist.

    Da dass das Ergebnis jetzt die Spezifikation (fast) noch einhält, habe ich für meine eigene Information folgendes auf das Netzteil geschrieben:



    Wie gesagt, das ist das einzige ATX-Netzteil, das gerade noch so durchgegangen ist.

    Und es ist ein LC Power-Netzteil, einer Marke die notorisch spart am Kabelstrang, da ist fast immer, auch hier, 20AWG verbaut...


    Die jetzt folgenden ATX-Netzteile sind allesamt durchgefallen.

    Den Messreport werde ich dann mit dem AT-Netzteil abschliessen, das auch nicht durchgefallen ist, obwohl es von allen das älteste Netzteil sein dürfte.


    Danach werde ich die Netzteile öffnen, fotografieren und kommentieren, wie und warum ich mich entscheide, was ich jeweils damit mache,

    • Offizieller Beitrag

    Mich wuerde noch interessieren, bei welchen Lasten die Oszillogramme aufgenommen wurden.


    Guter Artikel! :thumbup:

  • Maxsilent MS-525



    Primärelkos ziehen Ladestrom, aber NT startet nicht.


    Mein Netzteiltest-Tipp Nr. 2


    Am gleichen Netzstrang, idealerweise an der gleichen Steckdosenleiste eine Lampe eingeschaltet haben.

    Wenn die Netzspannung beim Einschalten eines Geräts mit grossen Ladekondensatoren kurzzeitig einbricht, kann man das durch kurzzeitiges Dunklerflackern der Lampe erkennen.

    Das gibt schon mal den Hinweis, dass Sicherung und Gleichrichter im Prüfling (hier das Netzteil) in Ordnung sind.

  • Puh, sind das viele Fotos.

    Endlich, das letzte Netzteil, das uralte Bestec AT-Netzteil.


    Bestec BPS-2504-4TU


     



    Wunderbar!

    Ripple auf 5 wie auf 12V unterschreitet 40mV, und bei plötzlichen Überstrom schaltet das NT ab :)

    Das kann ich subjektiv noch als Qualität einordnen.


    Später dann die Zusammenfassung und die Fotoberichterstattung hinsichtlich der Beurteilung dessen, was ich beim öffnen in den Netzteilen vorfinde.

  • Warum sind die Supermicro jetzt eigentlich als "fail" eingestuft ??

    Sieht doch glatter aus als oben und die Spannungen stimmen doch auch ganz gut.

    Entscheidend beim Betrachten der Oszillogramme ist, den Messbereich, der unten rechts an den beiden grossen Drehreglern ablesbar ist, immer im Hinterkopf zu haben.


    Bei den Supermicros war die Messbereichseinstellung 0.1V/cm die kleinste, mit der man den ganzen Spannungsbereich des Ripple auf dem Schirm anzeigen konnte.

    Die ganze Auslenkung zu erfassen ist wichtig, denn man will ja den Spitze-Spitze-Wert wissen.

    Also die Differenz zwischen Unterschwinger (unteres Ende) und Überschwinger (oberes Ende).


    Bei 0.1V/cm bedeuten 5cm ein halbes Volt - ein Vielfaches des spezifikationsmässig Erlaubten!

    Deshalb wurde das Netzteil als "Fail" markiert.



    Das bedeutet aber nicht, dass ich die Supermicro-Netzteile wegwerfen werde.


    Vielmehr habe ich die Hoffnung (die sich beim Inaugenscheinnehmen der geöffneten Geräte erst noch bestätigen muss), dass diese Netzteile technisch betrachtet Sahne sein könnten und lediglich der Innenwiderstand der Elkos in der Weise hochgegangen ist, dass die Spikes nicht mehr genügend schnell aufgesaugt werden können. Dann würde sich der Austausch der verbrauchten Elkos lohnen.

    Einmal editiert, zuletzt von 6502 ()

  • Die Beurteilung von Netzteilen anhand des inneren Aufbaues


    Eine erste überschlägige Beurteilung der Qualität von Netzteilen kann man meist schon durch die Lüftungsgitter und Ventilatorschlitze vornehmen.

    Nicht nur auf Art und Schwere von Verschmutzungen, sondern auch auf die Qualität.

    Oft lassen sich quellende/geplatzte Elkos schon so erkennen.

    Ein Blick auf das Board und fehlenden Bauteilen wie Spulen (Netzfilter!) und dergleichen erlaubt meist schnell, das Netzteil in eine Kategorie von High-End bis Billigstschrott einzuordnen.


    Bevor ich im Folgenden "Einblicke" in einige der vorstehend getesteten Netzteile gewähre, möchte ich noch sagen,...


    ...worauf ich schaue:


    Vor dem Öffnen:

    • Siegel [noch] da?
    • Falls kein Siegel vorhanden (oft bei Billiggeräten) Spuren an den Gehäuseschrauben erkennbar, die auf ein früheres Öffnen deuten?


    Boardmaterial:

    • FR4 (Glasfaser gebunden mit Epoxydharz): teuer, i.d.R. Industriequalität
    • FR2 (Pappe gebunden mit Epoxydharz): der Rest.

    Im Falle von Pappe gibt die Farbe weitere Hinweise:

    • Tendenziell umso bessere Qualität, je heller (aber nicht immer!).
    • Dunkelbraun meist unterste Qualität (oft sogar kolophoniumverdreckt).
    • Weiss oder schwarz: Modefarben, oft zum Hinwegtäuschen über schlechte Qualität


    Gehäuse:

    • stabiles Blech oder dünne Folie?
    • lackiert? (oft zum "Kompensieren" minderer Qualität der Elektronik!)


    Nach dem Öffnen des Gehäuses sieht man viel mehr.


    Die Schaltung:

    • Die Aufwendigkeit (oder Primitivität) der Schaltung.
    • Die Dimensionierung und Wahl der Bauteile (von mickrig+billig bis zu grosszügig+hochwertig)
    • Das Vorhandensein (oder Fehlen) von Bauteilen/-gruppen, insbesondere Dinge wie Netzfilter-Drosseln und -Kondensatoren, Abschaltthyristoren (Crowbar) oder Pi-Spulen


    Die Qualität und Dimensionierung der Bauteile:

    • Lüfter eines guten Herstellers?
    • Elkos - welche Hersteller?
    • Kackkleber verwendet? (kann bei Alterung elektrisch leitend werden!)
    • Board: von Kolophonium gereinigt? (kann ebenfalls leitend werden)
    • Das Fehlen einer temperaturgeregelten Lüftersteuerung ist immer positiv


    Die Durchdachtheit:

    • Die Anordnung der Bauteile im Luftstrom.
    • Temperatursensoren sinnvoll plaziert?
    • Keine unsystematischen Modifikationen wie nachträglich auf die ursprüngliche Konstruktion aufgepfropfte Lüfterregelung oder PFC
    • Tote Winkel im Luftstrom? (stauben zuerst zu, was Wärmestau bis zum Kollaps verschlimmern kann)
    • Grösse, Qualität, Lage der Kühlkörper/Kühlrippen im Luftstrom.
    • Intelligente Plazierung der Elkos (nicht eingezwängt zwischen heissen Teilen, sondern mit gesundem Abstand und im Luftstrom)
    • Die Servicefreundlichkeit des Aufbaus: kommt man an jedes Teil ran, ohne zu dessen Ausbau vorher erst andere Teile ausbauen zu müssen?


    Zustand:

    • Boardmaterial oder Teile verfärbt oder gar verkokt?
    • Kondensatoren: Blähungen, Schmelzanzeichen auf Plastiküberzug?
    • Verschmutzung/Verstaubung/Verstopfung? Mit potentiell resultierender Wärmeschädigung?



    Okay... und jetzt ein paar Fotos von den geöffneten Netzteilen und mein Senf dazu...